- die unmissverständliche Klarstellung, dass Verantwortung nicht durch Verbote ersetzt werden kann;
- die Stärkung der Verantwortung der Erziehungsberechtigten, sowie die Einleitung entsprechender Maßnahmen, damit diese ihrer Verantwortung leichter nachkommen können;
- den Verzicht auf Verbote, die lediglich aufgrund von Gewaltdarstellung erfolgen;
- die Abschaffung der veralteten Methode der Indizierung.
Junge Piraten und Pirate Gaming auf der gamescom
It’s official:
Ab Mittwoch, dem 18.08, findet Ihr uns auf der gamescom in Halle 9, Standnummer C-045!
Vor Ort könnt Ihr Euch am gemeinsamen Stand von Jungen Piraten und Pirate Gaming über unsere Aktivitäten im Bereich Computer- und Videospiele informieren.
Die Missverständnisse, die es im Vorfeld bezüglich der Teilnahme politischer Jugendorganisationen gegeben hatte, konnten dank der Gesprächsbereitschaft der Veranstalter glücklicherweise rechtzeitig aus der Welt geschafft werden. Für das großzügige Entgegenkommen der koelnmesse bei der kurzfristigen Anmeldung des Standes bedanken wir uns ganz herzlich.
Die gamescom ist eine der weltgrößten Video- & Computerspielmessen. Im letzten Jahr besuchten über 245.000 Menschen die Stände von über 450 Ausstellern aus 31 Ländern. Gigantische Möglichkeiten zum Testen, Begutachten, Kennenlernen, Spaß haben!
Also: Setzt die Segel gen Köln! Wir freuen uns auf euren Besuch am Stand.
GDC Europe – Tag 1
Die diesjährige GDC Europe in Köln begann mit einem Besucheransturm, der zu langen Wartezeiten an der Akkreditierung führte. Dabei wurden die Erwartungen an die Veranstaltung gleich am ersten Tag übertroffen.
Bis zu 2.000 Besucher wurden erwartet, ersten Schätzungen zufolge kam fast die doppelte Anzahl an Spieleentwicklern an diesem Montagmorgen zum Kongress Center Ost der Koelnmesse. Was für die Veranstaltung einen erstaunlichen Rekord im zweiten Jahr darstellt, spiegelt die wachsende Vernetzung der Entwicklerszene in Europa wieder. Neben prominenten europäischen Entwicklern wie David Cage oder Avni Yerli waren auch Vertreter verschiedener Branchenverbände, Indie-Entwickler und Studenten zu Gast. Gerade für letztere bot bereits der erste Tag reichlich Chancen zum Networking – wo sonst trifft man soviele Spieleentwickler auf einem Fleck.
Etwas für‘s Auge gab es allerdings auch: Im ersten Stock der GDC ließ sich Crysis 2 in 3D bewundern – flimmerfrei auf einem überraschend guten Display mit einem speziell auf 3D-Effekte getrimmten Trailer. Crysis 2 machte hier in stereoskopischer Optik eine deutlich bessere Figur als das Spiel zu Avatar im vergangenen Jahr.
Ebenfalls recht beeindruckend war der Trailer zum neuen Battlestar Galactica Browsergame von Bigpoint. Mittels des Unity3D Web-Players sollen aufregende Raumgefechte der populären Science Fiction Serie erstmalig in 3D als Browsergame zu bewundern sein. Eine ganze Reihe von Technologieanbietern rundeten den Expo-Floor ab.
Erfolgreich in der Spieleproduktion
Vor allem aber bot der erste Tag der GDC Europe viele Möglichkeiten, Wissen über Spieleentwicklung zu erwerben oder zu vertiefen.
Im ersten Panel des Tages referierten Benedikt Grindel und Christopher Schmitz der Siedler-Spieleschmiede Blue Byte über die für den Erfolg kritischen Aspekte einer Spieleproduktion. Besonders stellten sie dabei die Wichtigkeit einer guten Teamzusammenstellung heraus. Bereits ein unmotivierter Mitarbeiter könne Auswirkungen auf das gesamte Team haben. Darüber hinaus sei es wichtig, dass jeder Mitarbeiter mit Leidenschaft am Projekt arbeite – nur so könne am Ende ein qualitativ hochwertiges Produkt entstehen. Grindel und Schmitz offenbarten hier eine komplett andere Sichtweise als Activision-CEO Bobby Kotick, der im letzten Jahr mit eine Statement für Wirbel und Unverständnis sorgte: Sein erklärtes Ziel sei es, sämtlichen Spaß aus der Spieleentwicklung zu eleminieren.
Doch neben dem Engagement der Mitarbeiter appellierten die zwei Blue Byte Mitarbeiter auch an die Qualitäten des jeweiligen Producers: Dieser müsse effektiv mit seinem Team kommunizieren können. Dazu zählt, dem Team grundsätzlich die Gründe für Entscheidungen eindrücklich zu vermitteln und Probleme offen zu benennen – auch Publisher und Investoren gegenüber.
Internet als vierte Staatsmacht
Kommunikativ ging es auch bei CCP-Entwickler Pétur Jóhannes Óskarsson zu. Er wandte sich der Frage zu, ob sogenannte „Player-Councils“ – also gewählte Spielergremien als Bindeglied zwischen Community und Entwicklerstudio – sinnvoll oder Zeitverschwendung seien. Player Councils sind vor allem ein Phänomen von Massively Multiplayer Online Games, wo eine enorm große Spielerzahl ein eigenes soziales Gefüge – gar eine eigene Gesellschaft in der Spielwelt darstellt. Besonders deutlich wird diese Besonderheit bei Óskarssons eigener Produktion: EVE Online. Bei jenem Weltraum-MMO gibt es keinen vorgewobenen Story-Faden. Hier gestalten die Spieler die Geschichte selber, indem sie sich zu Allianzen zusammen schließen, politische und wirtschaftliche Machtgefüge bilden. Dabei liegt es in der Natur von MMOs, sich stets weiter zu entwickeln. Nicht selten führt gerade dies aber zu Missmut in der Spielerschaft: Umgewöhnung und andere Vorstellungen über den Weg zum Spielziel sorgen desöfteren für lange Diskussionen in den Spielforen. Bei tausenden von Spielern ist es für die Entwickler bisweilen aber schwierig, klare Tendenzen heraus zu filtern und die Wünsche der Community umzusetzen. An jener Stelle kommen Player Councils ins Spiel: Die Mitglieder werden von der Community selber demokratisch gewählt und dienen so als Kraft, die auf Entscheidungen des Entwicklers Einfluss nehmen kann. Vor allem ermöglicht der Council es, Informationen über Wünsche und Ideen der Community effektiver an die Entwickler heran zu tragen.
Die positive Bedeutung solcher Councils unterstrich Óskarsson mit einem Vergleich zu realen politischen Systemen: So gebe es schon seit langem nicht nur die drei Kräfte Legislative, Judikative und Exekutive – die Massenmedien seien längst eine treibende Kraft geworden, die einen ebenso starken Einfluss auf Gesetze und die Ausgestaltung der Gesellschaft besitzt. Im heutigen Zeitalter sei dieses Medium eben das Internet.
Eine für den Entwickler nützliche Besonderheit von Player Councils: Läuft es mal nicht so wie von der Community gewollt, so lastet die Kritik nicht alleine auf den Schultern des Entwicklers. Vielmehr heißt es dann: „Wer hat eigentlich den Council gewählt?“
An der Graswurzel
Insgesamt politischer wurde es beim Panel „Building Grassroots Video Game Activist Networks“. Hier standen gleich vier Gäste zur Gesprächsrunde bereit: Richard Taylor von der amerikanischen Entertainment Software Association (ESA), Matias Myllyrinne von Remedy Entertainment, Avni Yerli (Crytek) und Stephan Reichart (G.A.M.E. Bundesverband). Nachdem bereits im letzten Jahr Cevat Yerli und David Cage ihre Auftritte nutzen, um gegen überzogene Zensur zu wettern, widmeten sich dieses Jahr ein komplettes Diskussionspanel diesem Thema.
Fokus des Panels war die Mediendebatte um Abhängigkeit von Computerspielen und Gewaltinhalten in selbigen. Alle Teilnehmer sahen in der immer wieder hochkochenden Debatte einen Generationenkonflikt. Zwar würde dieser sich vermutlich mit zunehmender Verbreitung der Computerspiele legen, dennoch forderte Reichart mehr Selbstbewusstsein durch die Industrie bei der Debatte um Alterseinstufungen und Zensur.
Yerli und Myllyrinne zeigten in der Diskussion zudem auf, welche weitreichenden Folgen ein pauschales Verbot haben könnte: Nicht nur Deutschland würde die komplette Entwicklerbranche verlieren, das Einschnitt wäre auf dem gesamten Games-Markt sichtbar. Immerhin handele es sich bei Deutschland um den dritt- bis viertgrößten Markt weltweit – je nach Genre.
Yerli kritisierte darüber hinaus die fehlende Medienkompetenz bei Eltern: Ihre Kinder wüssten häufig weitaus mehr über das Medium, wodurch ein effektiver Jugendschutz und eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Thema innerhalb der Familie nur selten möglich sei. Hier seien dringend neue Bildungsmöglichkeiten zu schaffen.
Das Diskussionspanel ging auch auf einige absurde Beispiele für den übersteigerten Jugendschutz bei Computerspielen im Vergleich zu anderen Medien ein. Wie Taylor berichtete, wurden in Chicago Filmplakate verboten, weil sie zusätzlich zum Film auch das Spiel zum Film promoted hatten. Ohne Erwähnung des Spiels, wäre es nicht zum Verbot gekommen, obwohl beide Werke inhaltlich in etwa gleich waren.
Reichart führte zugleich ein Beispiel aus Deuschland an: Der recht brutale Film „Inglorious Basterds“ von Kultregisseur Quentin Tarantino wurde finanziell großzügig von der deutschen Filmförderung unterstützt. Nur wenge Wochen später fand der Deutsche Computerspielepreis statt. Hier hatte die Jury Dragon Age als bestes internationales Spiel auserkoren, wurde dann vom Vorsitzenden aber im Alleingang aus politischen Gründen überstimmt – aufgrund des im Vergleich zu Inglorious Basterds deutlich geringer ausfallenden Gewaltgrades.
Am Ende ging man in der offenen Diskussionsrunde noch auf verschieden aktuelle Entwicklungen ein. Taylor berichtete über das Voters Network in den USA, welches direkte Anschreiben an Abgeordnete versendete und damit echte Wirkung erzielte; Reichart thematisierte die mit 70.000 Unterzeichnern starke Online-Petition in Deutschland gegen „Killerspiele“-Verbote. Leider zeigte sich auch hier ein Generationenkonflikt, denn die Abgeordneten betrachteten eine Online-Petition nicht mit dem gleichen Stellenwert wie das Pendant auf Papier. Diskutiert wurde außerdem über die Rolle der Medienberichterstattung und dem (wissenschaftlichen) Schlagabtausch zwischen Pirate Gaming, dem VDVC und dem Aktionsbündnis Winnenden.
Neues aus der Abmahnindustrie
Für einige erstaunte Gesichter bei der Lektüre des Montags-Programms sorgte die Firma DigiProtect mit ihrem prominenten Gast Sabrina Setlur. DigiProtect hatte sich als Massenabmahner einen Namen im deutschen Raum gemacht und damit zugleich für Widerstand gegen die entstandene „Abmahnindustrie“ gesorgt.
Wie der Eintrag als gesponsortes Panel schon vermuten ließ, ging es weniger um eine differenzierte Reflektion digitaler Vertriebskanäle, sondern vielmehr um eine Verkaufsveranstaltung. Bei den anwesenden Entwicklern kam eben jene allerdings nicht besonders gut an: Auf der internationalen Konferenz startete Dr. Frederik Gerckens die Präsentation auf deutsch, woraufhin nach etwa 10 Minuten bereits die Hälfte der Zuhörer den Raum verlassen hatte.
Gerckens stellte zunächst das Geschäftsprinzip von DigiProtect vor: Demzufolge nehme die Firma am Tauschgeschäft in Filesharing-Börsen teil, logge die IP-Adressen der Teilnehmer und erwirke via Gerichtsbeschluss eine Herausgabe der Nutzerdaten. Daraufhin werde eine Standard-Abmahnung in Höhe von 290 € versendet. Lediglich 20% davon könnten jedoch an den Künstler ausgeschüttet werden, der Rest werde für den juristischen Weg aufgewendet. Sabrina Setlur berichtete aus ihrem Künstlerdasein und bezifferte das Jahr 2000 als Trendwende in der Musikindustrie. Von dort an sei der Erfolg eines Künstlers nicht mehr direkt anhand der Verkaufszahlen ermittelbar gewesen. Der Zeitraum stimmt dabei in etwa überein mit der Einführung von DSL in Deutschland und damit aufkommender Verbreitung von Breitband-Internet.
In der anschließenden Diskussionsrunde kam aus der Entwicklergemeinde jedoch mehr Kritik als neugierige Nachfragen: Zum Einen wurde bemängelt, dass Abmahnungen der Vorzug zu Aufklärung gegeben werde. Oftmal wüssten die Eltern nicht, was ihre Kinder da am Computer machten, jene hingegen entwickelten ohne den Einfluss ihrer Eltern auch kein Unrechtsbewusstsein. Die zynische Anmerkung eines Gasts: Aufklärung sei mit dem Geschäftskonzept von DigiProtect nicht kompatibel und daher wohl auch nicht hoch priorisiert. Kritisiert wurde darüber hinaus das Statement von DigiProtect, das Three Strikes Modell aus Frankreich zu unterstützen. Gerade die Games-Industrie habe damit eine Stigmatisierung von Technologien wie Torrents erlebt, die in Spielen häufig als Patch-Mechanismus eingesetzt werde. In den USA führte dies durch vorauseilenden Gehorsam der Internetprovider (Stichpunkt Störerhaftung) zu massenweisen Sperrungen von Spielern des populären Titels Modern Warfare 2.
Heavy Rain Retrospektive
Spätestens seit der GDC Europe 2009 dürfte David Cage eine kleine Schaar Fans um sich versammelt haben. Kaum einer trägt derart charmant und gewitzt vor und hat dabei auch noch interessantes zu erzählen.
In diesem Jahr ging es einmal mehr um Heavy Rain, diesmal aus der retrospektiven Betrachtung nach dem kommerziell erfolgreichen Release. Cage schaffte es aber, das Panel nicht zu einem Abklatsch des Vorjahres werden zu lassen, sondern begeisterte das Publikum mit Einblicken in den Schöpfungsprozess des Spiels und gab Entwicklern mit Mut zur Individualität wertvolle Tipps. Natürlich wieder verpackt in eine gehörige Portion Humor.
Gleich zu Anfang kritisierte Cage die Games-Industrie als recht konservative Industrie: Spiele basierten seit 25 Jahren auf wiederholenden Schemata, dabei stehe die Ausübung von Gewalt immer wieder im Mittelpunkt. Computerspiele böten bis dato nur wenig emotionale Tiefe und seien mit ihrer Action-Fokussierung eher für eine jugendliche Zielgruppe ausgelegt. Cage hingegen sieht Computerspiele als Produkte für Erwachsene, die eher Kunst als Spielzeug sein sollten.
Laut Cage müsse das Motiv der Gewalt viel eher im Kontext zu einer tieferen, narrativen Bedeutung und damit verbundenen Emotionen stehen, um mehr als nur stupide Action darzustellen. Zu dieser tieferen Immersion zähle auch, Konsequenzen aus der eigenen Handlung als Spieler ziehen zu müssen. Diese Grundidee spiegelte sich auch im Spielkonzept von Heavy Rain: Zu verlieren, ist hier in Ordnung. Der Spieler muss nicht das gleiche Level so häufig wiederholen, bis er es geschafft hat. Vielmehr gehe die Story auch dann weiter, wenn der Spieler in einer Situation versagt – selbst beim Tod des Spielercharakters. Die tiefe Immersion in eine solchen Spielwelt machte Cage mit einer Anekdote von einem seiner Spieletester deutlich: Obwohl dieser in quasi allen Actionsequenzen versagte, bewertete er das Spiel nachher als „sehr einfach“ – denn es gab keine Situation, an der er hätte von vorne beginnen müssen.
Dieses hochgradig interaktive narrative Konzept brachte jedoch auch seine Herausforderungen mit sich: Cage schrieb etwa 2.000 Seiten an Drehbüchern in über einem Jahr Arbeit. Technisch war ein enorm komplexes Scripting notwendig, um alle Eventualitäten der Spielerentscheidungen abzudecken. Um ein paar Eckdaten zu nennen: Heavy Rain umfasst 4 Millionen Zeilen Programmcode, 800.000 Kamerasequenzen, 30.000 einzigartige Animationen und wurde mit Hilfe von 80 Schauspielern produziert. Cage merkte an, dass die Realisierung des Projekts ohne die konsequente Vorproduktion von Entwicklertools nicht möglich gewesen sei.
Um ein derartig komplexes Projekt konsistent zu halten, benötige es einen „Vision Holder“. Cage sprach sich gegen eine rein demokratische Form der Entscheidungsfindung im Studio aus, da gerade dadurch die Konsistenz nicht mehr gewährleistet sei. Vielmehr müsse der Vision Holder den Überblick behalten und die Produktion kreativ leiten – dabei jedoch stets ein offenes Ohr für Kritik und Anregungen haben.
Als Besonderheit im Marketing stellte Cage heraus, dass er seinen eigenen Namen als Brand verwendete. So stünde der Name des Autors für die Qualität des Spiels und es fiele ihm leichter, das Marketing nach einem erfolgreichen Titel davon zu überzeugen, kein Heavy Rain 2 zu machen, sondern stattdessen einen neuen Titel der ,Qualitätsmarke‘ Cage.
Im Hinblick auf die Vermarktung von Heavy Rain ließ Cage sich auch diesmal die typischen Seitenhiebe an die Zensoren nicht nehmen. In einer ironisch angehauchten Slideshow zeigte er historische Skulpturen und bewertete diese anhand von ESBR-Kriterien bezüglich Nacktheit, Gewalt und anderen Faktoren. Die ernüchternde Bilanz: Nahezu alle Skulpturen wären mit 18+ bewertet worden.
Sein Panel beendete Cage mit Tipps für andere Entwickler. Sein Motto: Gibt es keine technologischen oder konzeptionellen Barrieren in deiner Spieleidee, so lasse sie fallen! Entwickler sollten aufhören, Kinderspiele zu machen und sollten typische Regeln einfach ignorieren. Dabei sei aber auch Überzeugungskraft gefragt: Publisher seien bezüglich neuer Ideen grundsätzlich ängstlich.
Weitere kreative Überlegungen gab es übrigens von Warren Spector, Creative Director von Junction Point (Disney Interactive). In seiner Keynote zog er Vergleiche mit anderen Medien und referierte darüber, was Computerspiele noch von anderen Medien lernen könnten – und was besser nicht. In seinen Ausführungen und auch seinem Fazit blieb er jedoch wesentlich oberflächlicher als Cage, womit die Keynote eher für Einsteiger in die Branche interessant war.
Wie aus kreativen Überlegungen schnell ein anschaulicher Prototyp werden kann, demonstrierte Carl Jones von Crytek. Einmal mehr wurde die Leistungsfähigkeit der CryEngine 3 unter Beweis gestellt, diesmal jedoch im Bereich Rapid Prototyping. Jones zeigte in seiner Live-Demo, wie innerhalb von 20 Minuten Arbeit in der Sandbox aus einem First Person Shooter ein Rennspiel wird.
Am Dienstag geht es mit satten 33 Panels weiter, wir sind natürlich auch wieder für euch dabei, unter Anderem mit einem besonderen Blick auf as neue Bigpoint-Browsergame zu Battlestar Galactica.
GDC Europe & gamescom – 1 Jahr Pirate Gaming
Der August lässt seit letztem Jahr Gamerherzen höher schlagen – mit einer Doppelpremiere wurden 2009 die GDC Europe und gamescom ins Leben gerufen. Wir waren für euch sieben Tage bei der Entwicklerkonferenz und Spielemesse und legen dieses Jahr noch eins drauf!
Der August 2009 war nicht nur eine Kölner Premiere der Superlative, sondern auch die Geburtsstunde von Pirate Gaming. Pünktlich zur ersten Game Developers Conference in Europa gingen wir an den Start und haben direkt von der internationalen Entwicklerkonferenz berichtet. In der Zwischenzeit hat sich viel getan: Neben unserem Online-Magazin kamen noch die Sparten eSport und Community-Gaming hinzu, außerdem gründete Pirate Gaming einen eigenen Verein. Nun steht das zweite Großevent in Köln an und wir sind natürlich wieder dabei – diesmal jedoch mit nahezu unserem gesamten Redaktionsteam.
Am Montag geht es los mit der GDC Europe, der europäischen Auflage der beliebten Entwicklerkonferenz. Hier treffen sich alle Größen der Games-Industrie sowie Indie-Developer und natürlich auch Game Design Studenten. Auf der GDC ist einerseits internationales Networking gefragt, auch erfährt man nahezu alles interessante aus der Spieleentwicklung. Fachvorträge und Workshops bieten Einblick in die Tricks und Kniffe von Producern, Game Designern, Grafikern und Programmierern. Neben den obligatorischen ‚best practise‘ Vorträgen erfährt man hier auch alles über neue Vertriebsmodelle und die allgemeine Entwicklung der Gamesbranche.
Die GDC rechnet in diesem Jahr mit bis zu 2.000 internationalen Besuchern und sprengt damit voraussichtlich alle Rekorde. Das Interesse ist unterdessen gerade beim Nachwuchs groß: Zwei Wochen vor Start der Veranstaltung waren bereits alle Studenten-Tickets ausverkauft.
Am Mittwoch geht es dann nahtlos über in die gamescom. Dieses Jahr dürfte es spieletechnisch auch hier interessant werden, denn es gibt Premieren und Material, das es bisher auf der E3 nicht zu sehen gab. So stellt CryTek den Multiplayer-Modus von Crysis 2 vor und Valve ist mit satten 15 Minuten neuem Videomaterial von Portal 2 dabei.
Wir versorgen euch zu unserem ersten Jubiläum natürlich mit allen interessanten Neuigkeiten aus Köln. Euch erwarten neben unseren Reportagen auch Interviews und mindestens eine neue Ausgabe unseres Pirate Gaming Podcast. Zusätzlich gibt es aktuelle Kurzinfos und Impressionen über twitter.
Leider haben wir dieses Jahr keinen gamescom-Stand bekommen, an dem wir das Jubiläum mit euch hätten feiern können, ihr erkennt uns aber natürlich an unseren Shirts! Wir freuen uns über alle, die einfach mal hallo sagen!
Jeder vierte Deutsche spielt Computerspiele
In unserem letzten Bericht beleuchteten wir einige Thesen der Professoren Hopf und Weiß, die unter Anderem ein Bild des sozial isolierten Gamers zeichneten. In einer aktuellen Studie der Universität Hohenheim zeigt sich jedoch: die meisten deutschen Spieler erleben Computerspiele vor allem als soziale Komponente.
Dass Computerspiele in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, dürfte für die meisten Gamer nichts neues sein. Die neu publizierte Studie „GameStat“ liefert dazu nun konkrete Zahlen und untersucht das Spielverhalten der Deutschen genauer. Dazu wurden über 4.500 Personen über 14 Jahren telefonisch befragt. Die Studie zeigt, dass 24% der Deutschen Computerspieler sind, eher männlich und höher gebildet. Die entspricht etwa 16,8 Millionen Spielern. Dass Spiele für Erwachsene durchaus eine Existenzberechtigung haben, zeigt der mit 22% recht hoch ausfallende Anteil an Spielern im Erwachsenenalter. Inzwischen finden sich sogar bis ins Alter von 50 Jahren relevante Spielergruppen.
Besonders stellt die Studie den sozialen Charakter von Computerspielen heraus. Lediglich 29% der Befragten spielten ausschließlich gegen den Computer, dabei stellte sich heraus, dass gerade jüngere Spieler sich für Multiplayer-Spiele begeistern: Während in der Altersgruppe von 14-29 Jahren 93% der Befragten auch Multiplayer-Games spielten, lag der Anteil in der Altersgruppe bei 30-49jährigen nur noch bei 74%. Auffällig ist beim Multiplayer-Spiel auch, dass gemeinsames Konsolenspiel (55%) deutlich höhere Beliebtheit genießt als Online-Gaming (39%). „Dieses sogenannte co-located gaming wurde in bisherigen Studien zum Multiplayer-Spielen kaum beachtet“, erläutert Studienleiter Quandt die Ergebnisse. „Dabei schlägt es in der Beliebtheit das viel diskutierte Online-Gaming. Da sind auch viele Party-Spieler dabei, die nicht in das klassische Bild vom Computerspieler als isoliertem Einzelgänger passen.“
Interessant ist auch eine Betrachtung der Geschlechter: Überraschenderweise liegen beim gemeinsamen Spielen die Männer vorne: Während hier 48% Multiplayer-Games über das Internet spielen, liegt der Anteil bei Frauen nur bei 25%.
Beim Gesamtanteil an Spielern legen die Frauen jedoch zu: Der Anteil an Spielern bei Männern liegt mit 30% recht hoch, die Frauen kommen immerhin noch auf 19%.
GameStat ist ein Teil des Projekts „the social fabric of virtual life“, welches vom Europäischen Forschungsrat über fünf Jahre gefördert wird. Das Projekt gilt als eines der vielversprechendsten Forschungsprojekte zum Thema Computerspiele. Die Publikation der Ergebnisse ist für den Herbst diesen Jahres geplant.
Aktionsbündnis Winnenden und die Wissenschaft
In einer neuen Veröffentlichung zum offenen Brief des VDVC, der Jungen Piraten und Pirate Gaming an das Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden (AAW) lässt letzteres zwei Wissenschaftler des Vereins „Mediengewalt – Internationale Forschung und Beratung e.V.“ zu Wort kommen. Zum Zweck, die eigenen Positionen qualitativ zu untermauern. Doch bereits bei oberflächlicher Betrachtung verflüchtigt sich jeglicher wissenschaftlicher Anspruch, zurück bleibt eine Aneinanderreihung pauschaler Diffamierungen und falscher Behauptungen.
Nach der Reaktion des AAW wurde in der Presse Kritik am Aktionsbündnis laut. Gehen sie doch kaum auf die Inhalte des offenen Briefes ein und wiederholen längst widerlegte Behauptungen. Die Stuttgarter Zeitung übertitelte ein Interview: „Das Amokbündnis schafft sich neue Gegner“ – ein Schlag ins Gesicht all jener, die einen konstruktiven Dialog mit dem AAW anstrebten.
In einer neuen Mitteilung ließ das AAW nun Dr. Rudolf H. Weiß und Dr. Werner Hopf Stellung zum offenen Brief nehmen. Offenbar sollte für die bisher unhaltbaren Standpunkte eine wissenschaftliche Basis geschaffen werden, dabei stehen beide Wissenschaftler schon seit Jahren für ihre undifferenzierten Forschungen in der Kritik.
Führen Gewaltinhalte in Spielen unweigerlich zu Abhängigkeit?
Dr. Weiß leitet das Schreiben mit einer Abhandlung über süchtige Computerspieler ein, bezeichnet diese als „bedauernswerte Menschen“ und zieht einen Vergleich zu Rauchern, der sich durch einen überaus schadenfreudigen Unterton auszeichnet: „Letztere werden mitleidig belächelt, wenn sie bei klirrender Kälte vor der Kneipe stehen und an ihrem Glimmstengel ziehen, von manchen werden sie sogar geächtet und gemieden.“
In seiner weiteren Ausführung beschränkt sich Weiß ausschließlich auf die Skizzierung von Extremfällen abhängiger Computerspieler, ohne dabei auf die eigentliche Thematik des offenen Briefes einzugehen: Den angestrebten Spieleverboten auf Basis der „Killerspiel“-Debatte.
Es stellt sich folglich die Frage, welche Relevanz die gesamte Ausführung von Dr. Weiß in Bezug auf das Thema hat. Weder wurde Abhängigkeit thematisiert noch verharmlost. Ein Indiz findet sich am Ende seiner Ausführungen: „Niemand von uns will die Betroffenen stigmatisieren oder gar kriminalisieren. Schon gar nicht, wenn es sich um Erwachsene handelt. Wenn die sich aber betroffen fühlen, nur weil wir verhindern wollen, dass immer mehr Jugendliche und auch Kinder in diesen Abhängigkeitssog von Gewaltspielen geraten, hat das schon etwas mit einem Realitätsverlust zu tun.“
In Anbetracht der Tatsache, dass Weiß sich explizit an die Verfasser des offenen Briefes wendet, kann dieser Aussage nur beleidigender Charakter beigemessen werden. Weiß unterstellt dem VDVC pauschal, selber betroffen (also abhängig von Computerspielen) zu sein. Das Ausmaß dieser Aussage wird deutlich, wenn man bedenkt, wen der VDVC repräsentiert: Die Spielerschaft in Deutschland. Laut Erhebungen des Instituts für Demoskopie Allensbach und anderer Institutionen sind das immerhin 30% der gesamten Bundesbevölkerung. Einer derart großen Bevölkerungsgruppe pauschal Realitätsverlust vorzuwerfen, lässt sich offenkundig selbst nur als Realitätsverlust bezeichnen.
Die Art der Argumentation offenbart unterdessen sogar faschistische Tendenzen: Wer nicht der gleichen Ansicht wie der Autor ist, disqualifiziert sich als psychisch krank. Wer dann auch noch dagegen Einspruch erhebt, bestätigt diese Erkrankung erst recht.
Grundsätzlich erübrigt sich an dieser Stelle jeglicher weiterer Diskurs, denn ein derartiges Gedankengut kann nicht als Ausgangsbasis für rationale oder gar wissenschaftliche Auseinandersetzung dienen. Jedoch übernimmt ab jener Stelle Dr. Hopf das Wort und orientiert sich stärker am eigentlichen Inhalt des offenen Briefes. Er unterstellt den Verfassern gleich zu Beginn, Lügen zu verbreiten. Unter Bezugnahme auf den Originaltext postuliert er zwölf Thesen. Eine Analyse auf den folgenden Seiten.
Wie sich im weiteren Verlauf (speziell These 7) noch zeigen wird, ignoriert Dr. Hopf eben jene Ergebnisse – eine Handlungsweise, die er selber kritisiert. Erst im März dieses Jahres veröffentlichte die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) einen Sonderband unter dem Titel „Umstritten und umworben: Computerspiele – eine Herausforderung für die Gesellschaft“. In diesem gibt Prof. Dr. Thorsten Quandt, Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim, einen umfassenden Überblick über das Forschungsfeld und zeigt dabei auf, dass die Forschung noch weit von umfassenden Ergebnissen entfernt ist. Es werde noch viel zu punktuell geforscht. Außerdem seien die Arbeiten der letzten Jahre zu vielfältig, um ein ‚richtiges‘ Ergebnis belegen zu können.
2. Ein Verbot sei unverantwortlich: Der Begriff mündiger Bürger wird hier missbraucht. Der Begriff ist definiert durch politisch-ethische Inhalte und nicht durch die juristische Altersgrenze des Status des Erwachsenenseins mit 18 Jahren. Ein mündiger Bürger ist sich der Gefahren und Wirkungen von Mediengewalt bewusst und handelt gesellschaftlich verantungsvoll, indem er die Verbreitung derartiger menschenverachtender und unethischer Medieninhalte verurteilt und verhindert, soweit er kann.
3. Ein Hobby, das virtuelles Töten und andere Verbrechen zum Zeitvertreib macht, ist kein Hobby oder Spiel, sondern Simulation von Krieg und Gewalt.
Mündigkeit lässt sich in der Tat nicht pauschal an einer Altersgrenze festmachen. Ein mündiger Bürger ist sich jedoch nicht nur über die potentiellen Gefahren verschiedenster Medien bewusst, er kann ferner auch selbst differenziert bewerten, welche Inhalte unethisch oder menschenverachtend sind. Dabei umfasst speziell Ethik kein fest umrissenes Werteschema, hier spielen sozio-kulturelle Einflüsse eine starke Rolle.
Entsprechend undifferenziert ist Hopfs Einordnung des Begriffs „Spiel“. Schon in klassischen Ansätzen der Ludologie wird die Frage nach der Spielmotivation gestellt. Liegt diese bei First Person Shootern wie ‚Counter-Strike‘ tatsächlich im virtuellen Töten und der Ausübung von Gewalt, so wie Hopf impliziert? Philipp Lehmann kommt in der Publikation „Die First-Person-Shooter. Wie Lebensstil und Nutzungsmotive die Spielweise beeinflussen.“ zu einem anderen Ergebnis. So steht hier der sportliche Wettbewerb für Spieler im Vordergrund.
Doch neben den typischen eSport-Spielen gibt es in der Tat Simulationen von Krieg und Gewalt, denn das Medium Computerspiel ist gerade durch seine narrativen Dimensionen zu einem direkten Konkurrenten des Spielfilms geworden. Folglich handeln gerade Spiele für Erwachsene häufig von Kriegsdramen oder epochalen Konflikten der Menschheitsgeschichte. Nicht selten wird dabei gerade anhand von Gräueltaten und Unrecht Kritik an der Gesellschaft geübt.
Der umstrittene Shooter „Modern Warfare“ machte sich damit geradezu einen Namen als Antikriegsspiel. Bei simulierten Bombardements wird der Spieler Zeuge, wie seine Kameraden menschenverachtende Witze machen, während am Boden reihenweise Gegner sterben. Eine Darstellung, die in der Realität nicht lange auf sich warten ließ: Die gleiche menschenverachtende Mentalität verschiedener Soldaten wurde öffentlich, als WikiLeaks ‚Collateral Murder‚ – das Video des Helikopterangriffs im Irak – veröffentlichte, bei dem viele Zivilisten starben. Die Macher von Modern Warfare halten der Gesellschaft so einen Spiegel vor, wie er auch in kritischer Literatur und Antikriegsfilmen zu finden ist.
Ebenso zahlreich ist im Shooter-Genre der Ansatz der Science-Fiction zu finden. Das Spiel ‚Mass Effect 2‘ erhielt erst kürzlich eine Auszeichnung für seinen herausragenden kulturellen Wert. Der Spieler hält auch hier eine Waffe in der Hand, sieht sich jedoch schwerwiegenden Entscheidungen gegenüber und muss die Konsequenzen seines Handelns tragen. Nicht selten sieht er sich dabei mit einem moralischen Dilemma konfrontiert, kann durch Diplomatie aber auch Feuergefechte umgehen. Das Spiel zeichnet dabei epische Konflikte, wie sie in der wahren Menschheitsgeschichte kaum komplexer sein könnten.
Beispiele wie diese gibt es zuhauf, gleichzeitig zeigen sie eine bewusste Reflexion des Themas Gewalt, wobei ausufernde Gewalt nicht selten als Dystopie verpackt wird. Wäre es verantwortungsvoll, derart kulturell wertvolle Spiele pauschal zu verbieten? Zweifelsohne braucht es Medienkompetenz und historische sowie politische Bildung, um in diese Tiefe vorzudringen. Gerade hier sehen Medienpädagogen wie Dr. Danny Kringiel aber die Schwachstelle prohibitiver Ansätze wie z.B. Verbote: Sie verhindern die bewusste Auseinandersetzung mit dem Medium. Stattdessen sollte die Medienkompetenz durch Bildungsangebote gefördert werden, die gerade solche Computerspiele einschließt.
Die Folgerung, ein Verbot könne eine Grenze setzen, ist ein Trugschluss. Wie Hopf selber rezitiert, ist die Distribution im Internet unkontrollierbar. Werden legale Angebote verboten, so werden sie kurzerhand durch illegale Angebote wie beispielsweise durch Filesharing-Börsen ersetzt. Eine vergleichbare Entwicklung lässt sich heute auch auf den legalen Märkten beobachten: Spiele werden aufgrund von Zensur in großer Zahl aus Großbritannien importiert. Dabei wissen Jugendliche, die mit dem Medium aufgewachsen sind (sog. „Digital Natives“), in der Regel mehr über Beschaffungswege als ihre Eltern. Die Folge eines Verbots wäre, dass Jugendliche weiterhin insgeheim jene Spiele konsumieren, während den Eltern der Zugang – und damit auch die persönliche Bewertung gewalthaltiger Spiele – verwehrt wird.
Thorsten Quandt beschreibt jenen Konflikt zwischen Eltern und Kindern als ein gesamtgesellschaftliches Phänomen: „Neben diesem weitgehend alters- und biographiebedingten Unverständnis zwischen Gamern und Nicht-Gamern kommen noch Differenzen aufgrund geschlechts-, bildungs- und herkunftsspezifischer Unterschiede hinzu, welche auch innerhalb von Alterskohorten verlaufen. Insofern stehen sich oft Spieler und Nicht-Spieler in Familien oder Peer-Groups verständnislos und vielfach auch konfliktreich gegenüber.“
Um ihre spielenden Kinder zu verstehen sind daher auch gerade Eltern in der Pflicht, sich mit dem Medium auseinanderzusetzen. Ein pauschales Verbot würde unterdessen ein kontraproduktives politisches Signal senden: Es entbindet Eltern erst recht von der Sorgepflicht, zu der auch der Medienkonsum gehört.
6. „Wir wissen genau…“ Sie wissen eben nicht genau, was in ihrem Unbewussten und in ihrem Gedächtnis gespeichert wird. Daher ist es kein Wissen, sondern ihr Glaube.
7. Keine kausalen Zusammenhänge: Eine LÜGE! Allein die letzte Metaanalyse von Anderson et al (2010) belegte die Kausalität von Videogewaltspielen hinsichtlich der Erhöhung von Aggression und Gewalt bei Jugendlichen in Ost und West. Das zu verschweigen in einem offenen Brief ist Manipulation der Öffentlichkeit.
Kommen wir also zur Wirkungsforschung. Wie bei These 1 bereits angedeutet, verläuft Hopf sich hier in Widersprüchen. Einerseits unterstellt er den Verfassern des offenen Briefs Lügen, andererseits greift er wissenschaftlich höchst umstrittene Studien auf und zieht sie als Beleg für diese Behauptung heran.
Prof. Dr. Dietrich Dörner, theoretischer Psychologe an der Universität Bamberg, fasste die Problematik dieser rein auf Korrelationen basierenden Studien auf der Clash of Realities 2010 zusammen: Teilweise zeigten diese Studien lediglich geringe Korrelationen (z.B. 0.2) zwischen Gewaltspielekonsum und physischer Aggression, trotzdem leiteten die Autoren der betreffenden Studien eine Kausalität ab. Als Beispiel demonstrierte er eine Studie von Koglin, Witthöft und Petermann, in der aus einer Korrelation pauschal eine Kausalität abgeleitet wurde. Dass diese Folgerung unwissenschaftlich und zugleich absurd ist, illustrierte er mit einem Beispiel:
„Es besteht höchstwahrscheinlich eine positive Korrelation zwischen roten Ledersitzen und der Geschwindigkeit des damit bestückten Fahrzeugs. Wer jetzt aber auf die Idee kommt, er könne sein Auto schneller machen, indem er rote Ledersitze einbaut, wird eine unangenehme Überraschung erleben.“
Dörner führte weiter aus, dass eine positive Korrelation sich zwar aus Kausalität ergeben könne, jedoch ist dies in beide Richtungen möglich. So seien gewalthaltige Spiele möglicherweise nicht die Ursache, sondern die Folge aggressiven Verhaltens. Entsprechend liegen auch Studienergebnisse vor, die das Spielerlebnis als aggressionsabbauend beschreiben. Ebenso wahrscheinlich könne aber auch eine dritte Variable, z.B. aus dem sozialen Umfeld, im Spiel sein. Insbesondere der zitierten Studie von Anderson und Bushman warf Dörner entsprechend unreflektierte Interpretationen vor. Und tatsächlich: Basierend auf den gleichen Forschungsergebnissen gelangten Christopher Ferguson und John Kilburn der Texas A&M International University zu exakt gegenteiligen Interpretationen.
Unbestritten ist: Alle bisherigen Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass während des Spielens – insbesondere kurz vor aggressiven Szenen – Gehirnregionen aktiviert werden, die für Kognition zuständig sind. Gleichzeitig werden Regionen blockiert, die für Empathie verantwortlich sind. Doch auch hierfür gibt es zwei Deutungsansätze: Einerseits die Befürchtung, dass durch Antrainieren emotionale Reaktionen auf Gewalt abgebaut werden. Andererseits, dass das Ausbleiben empathischer Reaktionen verdeutliche, dass der Spieler dem Spielerlebnis keine echten Emotionen beimesse. Eine Vermischung von virtueller und ‚echter‘ Realität sei daher unwahrscheinlich.
Trotz methodischer Fehler und grundsätzlich divergierender Interpretationen der Forschungsergebnisse ist es offensichtlich, dass Hopf die Deutungshoheit für sich beansprucht. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass es keine abschließenden, umfassenden Forschungsergebnisse gibt, zeigt Hopf sich außerordentlich unprofessionell, indem er andere Meinungen als Lüge diffamiert. Die Aussage, die Nichterwähnung einer wissenschaftlich höchst umstrittenen Studie sei eine Manipulation der Öffentlichkeit, entbehrt dabei nicht einer gewissen Kuriosität: Als Wissenschaftler die absolute Deutungshoheit über nicht abgeschlossene Forschungen zu beanspruchen, würde von einer Mehrheit der Bevölkerung wohl deutlich als Desinformation und Manipulation betrachtet werden.
An dieser Stelle driften die Ausführungen von Dr. Hopf vollends in Absurdität ab. Er setzt die persönlichen Probleme des Amokläufers gleich mit denen der Allgemeinheit. Dabei kann wohl kaum behauptet werden, dass Depressionen und psychiatrische Behandlung der Normalität entsprechen. Doch damit nicht genug: Hopfs Vermutung, jene Vergleichsgruppe spiele im Gegensatz zum Amokläufer keine gewalthaltigen Spiele, scheitert an den Fakten. Ausgerechnet der Auslöser der gesamten Abhandlung – Tim K. – war nämlich kein aktiver Computerspieler. Dank der Spieleplattform Steam lässt sich sein Spielverhalten sogar bis zum heutigen Tag nachverfolgen: Zwar war er im Besitz der Counter-Strike Box, spielte diese jedoch mit insgesamt zwölf Minuten gerade einmal kurz an. Von dem durch Dr. Weiß eingangs angesprochenem Exzessivspiel kann hier keine Rede sein. Die suggerierte Ausprägung von Handlungsmustern kann in einer derart kurzen Zeitspanne kaum stattgefunden haben.
Doch auch über das Beispiel des Tim K. hinaus zeichnet die Realität ein anderes Bild: So liegt die Verbreitung von Computerspielen bei männlichen Jugendlichen unter 19 Jahren mit über 80% fast bei einer Volldiffusion. Betrachtet man die Popularität von den Genres First Person Shooter und Realtime Strategy, so müssen hier erhebliche Berührungspunkte einer breiten Bevölkerungsschicht mit gewalthaltigen Spielen vorliegen.
Untersucht wurde unterdessen auch die Korrelation zwischen Amokläufern mit Interesse an gewalthaltigen Spielen und dem Interesse an solchen Spielen bei ’normalen‘ Jugendlichen, und zwar von Christopher Ferguson auf Basis von Daten des U.S. Department of Education. Demnach lag das Interesse bei Jugendlichen generell bei 95%, dem gegenüber standen lediglich 15% der Täter, die sich tatsächlich für derartige Spiele interessierten. Wie sich in Anbetracht dieser Untersuchungen zeigt, liegt Hopf mit seinen Wahrscheinlichkeiten weit entfernt von der Realität.
In einer aktuellen Ausgabe publizierte das Telopolis-Magazin einen Beitrag zu den Thesen von Weiß und Hopf unter dem Titel „Die Doktoren und das böse Gamer-Vieh„. Darin fand sich eine sehr treffende Umschreibung der ganzen Mediendebatte: „Die Debatte wiederholt sich seit Platon und Aristoteles zyklisch – immer dann, wenn ein ’neues‘ Medium die Bühne betritt, rennen Warner dagegen an und sehen davon insbesondere die Jugend gefährdet.“
Wäre eine Brutalisierung der Jugend durch neue Medien derart evident, so müsste die Menschheit seit knapp 2400 Jahren eine fortlaufende Brutalisierung erleben. Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass sich dies kaum in der Lebensrealität widerspiegelt. Vielmehr waren Medien mit ihren kulturellen Schöpfungen (und dazu zählen Computerspiele eindeutig) stets auch eine Reflexion jener Realität. Gewalt und Brutalität haben seit jeher die Menschheitsgeschichte begleitet. Gewisse aggressive Züge wohnen jedem Menschen inne, auch wenn er dies zu gerne von sich weist.
Es stellt sich daher die Frage, wie der Mensch aus Fehlern lernen soll, ohne jene zu reflektieren. Und gerade bei der Reflexion bietet sich das Medium Spiel an. Aus pädagogischer Sicht fördern Spiele das Lernen, auch noch im Erwachsenenalter. Medienpädagogische Ansätze könnten historisches und soziales Begleitmaterial bereitstellen, während ein pauschales Verbot die Reflexion vielmehr verhindern würde.
Darüber hinaus bleibt zu erwähnen, dass auch Spiele mit Gewaltinhalt häufig einen starken sozialen Charakter haben. Um das Multiplayer-Spiel ‚Counter-Strike‘ hat sich seit nunmehr über zehn Jahren eine beständige Community geformt, die in sportlichen Wettbewerben und anderen sozialen Events aufeinander trifft – online sowie im realen Leben. Cheryl Olsen kam in ihrer Harvard-Arbeit „Grand Theft Childhood“ sogar zu der Erkenntnis, dass Kinder ohne Kontakt zu Computerspielen tendenziell mehr Probleme im Elternhaus oder der Schule hatten. Sie kommt zu dem Schluss, dass Nichtspielen heutzutage sogar ein Zeichen für fehlende Sozialkompetenz sein kann.
Dass sich Verbote schädlich auf solche sozialen Netze auswirken können, haben die im letzten Jahr auf politischen Druck hin abgesagten Intel Friday Night Games deutlich unter Beweis gestellt.
Der Terminus „wirkliche Motive“zeugt hier erneut von einer sehr eingeschränkten und pauschalisierten Sichtweise auf Computerspieler. Wie Quandt in seinem Forschungsüberblick festhält, gibt es nicht ‚den Spieler‘, sondern viele unterschiedliche Gruppierungen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Während es durchaus Spieler gibt, die ähnlich den Fans des Horror-Genres Spaß an Splatter haben, trifft man in unterschiedlichen Communities auch andere Motivationen an. Häufig ist gerade im deutschen Raum zu lesen, dass rotes statt grünem Blut gefordert wird – jedoch nicht des Blutes wegen, sondern weil gerade die erwachsenen Spieler eine Bevormundung ablehnen.
Die Ernsthaftigkeit vermutlich anonym abgesendeter Drohungen kann hier weder belegt noch widerlegt werden. Fest steht aber natürlich, dass ein derartiges Verhalten unentschuldbar ist. Trotzdem muss sich gerade ein Wissenschaftler hier die Frage stellen, was die teils aggressiven Reaktionen hervorruft. Ansätze dafür liefert Julia Kneer vom Lehrstuhl für Sozialpsychologie in Köln. Im Rahmen ihrer Untersuchungen fiel auf, dass befragte Spieler den Drang verspürten, ihr Hobby gegen Vorurteile verteidigen zu müssen. Die Existenz letzterer auf Seiten von Nichtspielern wurde im Rahmen der gleichen Studie nachgewiesen. Es ist daher nicht sonderlich verwunderlich, dass Menschen, die über Jahre hinweg fortlaufend mit den gleichen Vorurteilen konfrontiert werden, irgendwann aggressiv auf Vorverurteilungen reagieren können. Ironischerweise belegen Berichte von Jugendlichen, die Gedanken über einen Amoklauf oder Selbstmord hegten, vergleichbare Wirkungsweisen: So sahen sie sich jahrelang aufgrund von Andersartigkeit und kollektiven Vorurteilen von der Gesellschaft gering geschätzt. Je stärker diese Geringschätzung ihnen gegenüber kommuniziert wurde, desto stärker wurden Depressionen und Rachegedanken. In einigen Berichten ist zu lesen, dass nur glückliche Umstände einen Amoklauf noch verhinderten.
Der Vollständigkeit halber sei aber noch erwähnt, dass Aggressionen bei weitem nicht die einzige Reaktion sind. Die Friedlichkeit der Gamer-Community wurde gerade bei zunehmendem politischen Druck deutlich: Sie organisierte sich – der VDVC entstand und die ersten Gamer-Demonstrationen der deutschen Geschichte fanden in mehreren deutschen Städten statt, welche im Übrigen allesamt vollkommen friedlich verliefen.
Sowohl der VDVC als auch Pirate Gaming und die Jungen Piraten sind sich der Gefahren des pathologischen Spielens durchaus bewusst. Es ist jedoch äußerst bedenklich, wenn Hopf als Wissenschaftler von „Sucht“ spricht. Dieser Terminus wird in der Psychologie gemieden, da er einen inflationären Gebrauch erfahren hat und nicht genau definiert ist. Das Thema liegt neben Gewaltwirkungen bereits im Fokus vieler wissenschaftlicher Untersuchungen, wobei die eingangs erwähnten Pauschalisierungen von Dr. Weiß der Forschung wenig zuträglich sind. Aktuelle Studien zu Abhängigkeitseffekten von Computerspielen zeigen, dass (exzessives) Spiel noch kein Beweis für eine Abhängigkeit ist. Eine solche geht unter anderem mit physischen Schäden, Entzugserscheinungen oder gar der Schädigung anderer einher. In den Untersuchungen von Thorsten Quandt fanden sich unter anderem exzessive Spieler wieder, bei denen keine Kriterien für die Einordnung als Abhängige erfüllt wurden. Auch zeigte sich, dass junge Erwachsene stärker in exzessives Spiel verfielen als z.B. Jugendliche. Der Effekt ließ sich insbesondere auf fehlende soziale Gefüge dieser Personen zurückführen, welche sich gerade in der Lebensphase zwischen dem Auszug aus dem Elternhaus und der Gründung einer eigenen Familie befanden.
Die Forschung in diesem Teilbereich der Computerspiele ist ausdrücklich begrüßenswert und wichtig, denn nur auf fundierten Forschungen lassen sich Exit-Strategien und Therapieansätze für betroffene Spieler entwickeln. Warum das Thema im offenen Brief jedoch nicht angesprochen wurde, hat einen sehr simplen Grund: Dieser bezog sich auf das vom AAW geforderten „Killerspiele“-Verbot, welches insbesondere mit den mutmaßlichen aggressionsfördernden Charakteristika begründet wurde. Den aktuellen Forschungen zufolge sind es jedoch vielmehr die positiv erlebten Aspekte des Spiels, die zu exzessivem Spiel oder gar einer Abhängigkeit führen können. Es ist das Erleben des „Flow-Zustandes“, also der völligen, zeitbeschränkten Immersion in eine Spielwelt. Hier spielen gerade soziale Aspekte eine enorme Rolle, wie sich an MMORPGs wie ‚World of Warcraft‘ zeigt.
Schlussendlich ergeben sich hier zwei grundsätzlich verschiedene Themenkomplexe, deren Berührungspunkte erst am Anfang der Erforschung stehen.
Kommentar des Autors
Die Intention der Einladung an die beiden Wissenschaftler war klar: Das Aktionsbündnis Winnenden wollte seine Thesen auf ein wissenschaftliches Fundament betten. Tatsächlich aber lässt die gesamte Abhandlung von Weiß und Hopf jeglichen wissenschaftlichen Anspruch vermissen. Hinter akademischen Titeln bleibt damit nur eine Aneinanderreihung irrelevanter oder teils widerlegter Plattitüden, deren Argumentationsketten bis in faschistische Ansätze abrutschen.
Als Autor wurde ich im Vorfeld dieses Artikels des Öfteren gefragt, ob sich die Mühe überhaupt lohne, auf die beiden Wissenschaftler einzugehen. Zu oft hätten diese exakt die gleichen Gemeinplätze wiederholt, ohne sich differenziert mit dem gesamten Forschungsfeld auseinander zu setzen – nicht zuletzt beim „Kölner Aufruf“.
An dieser Stelle möchte ich auf Prof. Dr. Dietrich Dörner verweisen, der bei der Clash of Realities 2010 auf einen wichtigen Aspekt dieser ganzen Debatte hinwies: Mit einfach herbei argumentierten ‚Sündenböcken‘ gegen gesellschaftliche Probleme der Jugendgewalt anzugehen ist nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht unprofessionell. Nein, es ist auch gefährlich. Denn somit wird von weitaus tragenderen Problemen abgelenkt, denen die Politik auf Anraten von Forschern weniger Aufmerksamkeit beimisst als der Jagd nach Phantomen.
Es wäre eine Verhöhnung der Opfer und ihrer Angehörigen aus Erfurt, Winnenden und anderen Schauplätzen von Gewalttaten, ließen wir derartige Aussagen unkommentiert stehen.
Abschließend lässt sich die Handlungsweise des AAW nur als bedauerlich bezeichnen: Anstatt die dargereichte Hand für konstruktive soziale Zusammenarbeit zu nutzen, fuhr das Aktionsbündnis einen an Ignoranz kaum zu übertreffenden Konfrontationskurs auf. Weder ist den Opfern, noch möglichen zukünftigen Opfern von Gewalttaten damit geholfen. Dabei hätte das Aktionsbündnis durch seine persönliche Betroffenheit durchaus eine große Chance gehabt, sich in Gesellschaft und Politik positiv einzubringen.
Durch eine Zementierung von Plattitüden jedoch verbaut sich das Bündnis jegliche Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit anderen Verbänden. Auch wird kein seriöser Politiker auf einer solchen Basis ein offenes Ohr für Forderungen haben.
Die Reaktionen der Herren Weiß und Hopf sind unterdessen ebenso vorhersagbar wie abgedroschen: Liegen keine fundierten Argumente vor, wird die Diffamierung aller Andersdenkenden in den Vordergrund gestellt. Und natürlich sind all jene grundsätzlich von U.S.-Militär oder der Medienbranche korrumpiert.
Entwickler: ‚Patcht euren Kopierschutz weg!‘
Aus der Spielerszene sind immer häufiger die gleichen Begründungen für den Gebrauch unlizensierter Spielekopien zu hören. Seltener ist es, wenn Spieleentwickler sich gegen die Diffamierung von Software-Piraten aussprechen. Spellforce-Entwickler Steffen Itterheim äußert in einem Interview mit Onlinewelten harte Kritik an der Spielebranche.
Als Medienkonsument ist man vertraut bis zunehmend genervt von einem Schauspiel, das sich Jahr für Jahr zwischen Film-, Musik- und Spieleverlägen und deren Konsumenten abspielt: Hiobsbotschaften von florierenden Filesharing-Börsen, die neue Rekorde in der Verbreitung von unlizensiertem Material erreichen, gefolgt von Medienkampagnen gegen „Raubkopierer“, die einfache Urheberrechtsverletzungen in der Regel als schweres Verbrechen darstellen. Zumeist gipfelt dieses periodische Schauspiel in der Forderung nach Gesetzen, die harte Einschnitte in Verbraucherschutz und Privatsphäre zur Folge haben. Alternativ werden neue, ‚innovative‘ Kopierschutz- und DRM-Systeme vorgestellt, die in der Praxis die zahlende Kundschaft prellen.
Der letzte Supergau ereignete sich durch das neue Ubisoft-DRM, welches den Spieler selbst bei Singleplayer-Games dazu zwang, permanent online zu sein. Vermarktet wurde das System namens „Uplay“ als Service für die Spieler, doch statt des versprochenen Services hagelte es beim Debüt von Assassin’s Creed 2 und Die Siedler 7 Verbindungsabbrüche und Verlust der Savegames. Dem Multiplayer des letzteren Spiels verweigerte die GameStar daraufhin sogar die Wertung. Weitaus schallender war jedoch die Kritik aus den Gamer-Communities selbst: Begeisterte Fans beider Reihen boykottierten die Spiele trotz sonst guter Wertungen der eigentlichen Spielinhalte. Natürlich waren trotz des restriktiven DRMs schnell beide Spiele gecrackt.
Technische Barrieren
Ubisoft ist damit jedoch kein Einzelfall. Dass gerade ehrliche Kunden üblicherweise durch DRM-Systeme abgestraft werden, zeigte sich erst vor wenigen Tagen erneut anhand des Spiels Call of Duty: Modern Warfare 2. Die importierte Version des Spiels ließ sich plötzlich nicht mehr für deutsche Steam-Kunden aktivieren, da für Steam Unklarheiten bezüglich des deutschen Jugendschutzes bestanden. Activision bot im Austausch die deutsche Version an, was für die Käufer der Importversion jedoch zusätzliche Kosten und eine zensierte Version des Spiels bedeutete.
Bei EA schrottete der Kopierschutz SecuROM gleich einige Systeme, so dass es z.B. nach Installation von Crysis auf Windows 7 Bluescreens bei Bootvorgängen hagelte. Im offiziellen Support wurden Hilfe suchende Spieler jedoch mit Standardantworten abgewimmelt. Ein fortlaufendes Ärgernis für zahlende Kunden, während die Kopiererszene sich recht unbeeindruckt zeigte.
Vertreter der Spielercommunity beharren schon länger auf der These, dass die zunehmende Gängelung durch Spielehersteller ihr eigentliches Ziel verfehle: So seien diese erst recht für die Zunahme illegaler Kopien verantwortlich, da laufend zahlende Kundschaft verprellt werde. Zu dieser Meinung gesellt sich nun auch ein Spieleentwickler: Der 34-jährige Steffen Itterheim war unter Anderem in die Produktion von Spellforce bei EA Phenomic involviert. In einem Interview mit Onlinewelten vertritt er unter Anderem die Ansicht, die Branche sähe ohne Softwarepiraten kaum anders aus – ein deutlicher Widerspruch zu der fortlaufenden Kriminalisierung durch einen Großteil der Publisher. Er fordert: „Publisher, hört auf, ehrliche Kunden zu gängeln! Patcht euren Kopierschutz weg!“ Ungewöhnliche Worte für einen Spieledesigner, doch sieht Itterheim das Thema als über-dramatisiert an. Ihn stört vor allem die Schwarzmalerei beider Seiten, die sich nicht in das jeweilige Gegenüber versetzen können. Die These, dass Schwarzkopien Arbeitsplätze vernichten, vergleicht er mit der Diskussion um ‚Killerspiele‘: Derart komplexe Themen ließen sich nicht in eine Aussage herunterbrechen, doch funktioniere dies als PR-Aussage wunderbar.
Schwarzkopien als Mittel des Protests
Die florierende Schwarzkopierer-Szene sei jedoch nicht nur Faulheit oder Sparzwang auf Seiten der Konsumenten geschuldet: Mangelnde Qualität der Spiele, zensierte Versionen oder technische Probleme mit dem Kopierschutz seien auch primäre Gründe. Dabei werden unlizensierte Kopien häufig auch als Mittel des Protests, etwa gegen Gängelung der Kunden angewandt. Itterheim nennt hier ‚Spore‘ – das meistkopierte Spiel 2008 als Paradebeispiel. Mit dieser Meinung steht Itterheim jedoch nicht alleine als Entwickler da: Im letzten Jahr vertrat Industriegröße Gabe Newell, Geschäftsführer von Valve, in einem Interview exakt den gleichen Standpunkt: So seien Schwarzkopien nicht mal unter den 10 größten Problemen bei einer Spieleentwicklung. Newell sah außerdem mangelhaften Service dem Kunden gegenüber als einen Hauptgrund für Online-Piraterie. Für seine Aussage, dass DRM-Systeme den Wert von Spielen senkten, erntete er auf der diesjährigen Game Developers Conference in San Francisco Jubel durch die anwesenden Spieleentwickler.
Offenbar sind Steffen Itterheim und Gabe Newell also alles andere als alleine mit ihrer Meinung in der Entwicklergemeinde. Doch während Entwickler und Spieler scheinbar Berührungspunkte gefunden haben, tut sich auf Seiten der Publisher bisher so gut wie nichts. Dabei könnte ein Publisher mit innovativem und kundenfreundlichem Vertriebskonzept „auf einer Sympathiewelle schwimmen“, so Itterheim – und hat konkrete Visionen, wie ein solches System aussehen könnte: Da viele Schwarzkopierer Games zum Anspielen installierten, bei Gefallen aber nachträglich selten noch das volle Spiel kaufen würden, könnte sich ein innovatives Vertriebskonzept genau diesen Aspekt zu Nutze machen.
Während Demos eher für Frustration aufgrund der langen Wartezeiten bis zum Spielerelease sorgten, sollten Spiele vielmehr kostenlos ‚angeteasert‘ werden. Gefällt das Spiel dann, könne der Nutzer für kleinere Beiträge (z.B. 5 €) weitere Spielinhalte wie Missionen freischalten – bis schlussendlich der Vollpreis (z.B. 50 €) des Spiels erreicht und alle Spielinhalte freigeschaltet sind. Bezahlt der Spieler auf Anhieb das gesamte Spiel, so könne er mit Bonus-Inhalten sogar noch dafür belohnt werden. Zahlende Käufer würden damit eher gebunden – anstatt wie heute abgestraft – werden. Mit den vorhandenen digitalen Distributionskanälen und Micropayment-Systemen sei dies heutzutage problemlos möglich.
Während Indie-Entwickler schon seit längerem mit innovativen Vertriebsmöglichkeiten wie ‚pay as much as you want‘ experimentieren, wird sich noch zeigen müssen, wie die Publisher auf derartige Ideen anspringen. Interessanten Stoff für eine Keynote auf der GDC Europe würde Itterheim allemal bieten.
Links zum Thema:
Interview mit Sandra Uhling
Liebe Gamercommuntiy, heute stellen wir euch Sandra Uhling, Mitglied des VDVC und neues Mitglied von Pirate Gaming e.V. vor. Sie beschäftigt sich ehrenamtlich mit den Themen „Exergaming“ und „Game Accessibility“.
Pirate Gaming: |
Hallo Sandra, was können sich unsere Leser unter „Exergaming“ vorstellen? |
Sandra Uhling: |
Hallo Robert, Exergaming beschreibt die Verbindung von Bewegung mit Computerspielen. Hauptziel ist es dabei, dass Kinder und Jugendliche sich wieder für mehr Bewegung und Sport begeistern können. Dabei soll Exergaming kein Ersatz für Sport sein, sondern ein Weg, der allgemein das Interesse zum traditionellen Sport wieder weckt. Die meisten kennen wahrscheinlich die Wii. Neben solchen Heimgeräten gibt es aber auch zahlreiche größere Geräte, die ab 3000 Euro starten. Dies sind dann unter anderem stabile Fitnessräder, welche mit Konsolen verbunden sind, große interaktive Wände oder Machine Dance Multiplayer (Tanzspiele Anm. d. Red.), bei denen man, anstatt maximal zu viert spielen zu können, sogar mit 32 Spieler gleichzeitig steppen kann. |
Pirate Gaming: |
Dieser Preis ist ja schockierend. Wo wird denn diese Hard- und Software eingesetzt, wenn sie nicht für einfache Haushalte konzipiert ist? |
Sandra Uhling: |
Würde ich noch zur Schule gehen, dann hätte ich mich um ein Auslandsjahr in Schweden oder Norwegen bemüht. Dort werden solche Produkte, wie auch in Großbritannien, USA und Kanada im ganz normalen Schulsport eingesetzt. Stell dir einen Schulsport vor, von dem man nie genug kriegen kann (lacht). Es gibt sogar einige Fitnessstudios die sich auf den Einsatz von Exergames spezialisiert haben. Diese werden dann Exergyms genannt. Weitere Einsatzgebiete sind Krankenhäuser, Physiotherapie und Senioreneinrichtungen. Sogar Profisportler wie zum Beispiel Handballer, nutzen Exergames für das professionelle Training. Von Seiten der Gesundheitsfachleute ist das Interesse sehr groß, vor allem von Leuten, die sich mit der Problematik des Übergewichts beschäftigen. |
Pirate Gaming: |
Also kann man behaupten, dass Exergames ein probates Mittel im Kampf gegen Übergewicht sind? |
Sandra Uhling: |
Exergames können natürlich sehr motivieren und sind ein Medium das die meisten Kinder und Jugendliche lieben. Es sollte aber keine Alleinlösung sein. Der Medienkonsum sollte gut beobachtet werden und darf insgesamt nicht zu umfangreich werden. Ein gutes Konzept das Exergames mit traditionellem Sport und Ernährung verbindet, kann ich mir sehr gut vorstellen. So wie ich das persönlich einschätze, scheinen die Meisten vergessen zu haben, dass Sport im eigentlichen Sinne viel Spaß bereiten kann. |
Pirate Gaming: |
Ist es denn nicht auch Aufgabe vom Sportunterricht der Schulen, neue Sportarten vorzustellen und somit auch das Interesse am Sport zu wecken? |
Sandra Uhling: |
Eigentlich schon, aber unser Schulsport ist leider vollkommen veraltet. Noten und Leistungen stehen oft im Vordergrund, nicht aber das persönliche Interesse der Schüler. Dabei gibt es sehr viele neue Trends, die mit wenig Einsatz umsetzbar sind. Vor allem werden diese von den Kindern und Jugendlichen eher akzeptiert, weil Sie aus der Jugendkultur entstehen. Beispielsweise wären hier unter anderem Pacour oder Stacklining zu nennen. |
Pirate Gaming: |
Kommen wir zum nächsten Thema. Was versteht man unter dem Begriff „Game Accessibility“? |
Sandra Uhling: |
Nun, dafür habe ich sogar eine eigene Definition: Game Accessibility bezeichnet im Allgemeinen barrierearme Computer- und Videospiele. Sie sind dann als barrierearm zu bezeichnen, wenn sie von möglichst vielen Spielern in der für sie üblichen Weise, also auch mit Hilfsmitteln, gespielt werden können. |
Pirate Gaming: |
Du meinst also Spiele, die für eine spezielle Gruppe Spieler, hier also motorisch und kognitiv eingeschränkte Spieler, gedacht sind? |
Sandra Uhling: |
Nicht ganz. Spezielle Spiele für eine spezielle Gruppe von Spielern ist nur ein Ansatz von Game Accessibility, in dem bereits viel getan wird. Ich beschäftige mich mit einem anderen Ansatz. Bei diesem geht es darum, das Mainstream-Computerspiele, also Computerspiele die man in einem normalen Geschäft kaufen kann, von einer möglichst großen Benutzergruppe gespielt werden können. Viele Spieler sind zum Beispiel visuell, auditiv, motorisch, kognitiv oder sprachlich eingeschränkt. Ihnen fehlt zumeist die Möglichkeit, Spiele der breiten Masse zu spielen. Oft können viele Barrieren schon durch kleine Änderungen des Designs vermieden werden. |
Pirate Gaming: |
Was denkst du hindert Spieleentwickler daran, sich mehr mit Game Accessibility auseinander zu setzen? |
Sandra Uhling: |
Ich vermute, dass es dafür mehrere Gründe gibt. Zum einen ist vielen Spieleentwicklern das Thema einfach nicht bekannt oder es fehlt an Informationen was genau sie bei der Produktion beachten sollten. Außerdem wird die durch Game Accessibility erreichte Zielgruppe als zu klein angesehen und ignoriert. Dabei bietet Game Accessibility einen enormen Mehrwert für alle Spieler. Ich persönlich finde es äußerst frustrierend, wenn ich ein Spiel nicht ganz durchspielen kann, weil mir die Zeit für das Training fehlt. Dabei sind Computerspiele ein ideales Medium, bei dem die Spieler sich vieles nach ihren eigenen Bedürfnissen einstellen können. Für die Hardcore Gamer würde sich nichts ändern, für andere kann dies aber eine sehr große Bedeutung haben. |
Pirate Gaming: |
Barrierefreiheit für das Internet ist weit verbreitet. Warum aber ist dieser gesellschaftliche Fortschritt bei Spielen noch so selten anzutreffen? |
Sandra Uhling: |
Das Web wird für das soziale und kulturelle Leben als sehr wichtig angesehen. Es gibt hier eine spezielle Gruppe, die sich hauptberuflich mit der Barrierefreiheit beschäftigt. Sie haben Ressourcen, Zeit und Geld um für Webdesigner und Programmierer spezielle Empfehlungen zu entwickeln. Diese Empfehlungen werden international als Standard angesehen. Im Bereich der Computerspiele gibt es mehrere Ansätze für Empfehlungen von denen aber keine ein offizieller Standard ist. Das Informationsmaterial zum Thema Game Accessibility ist dabei überall im Web verteilt und wird zumeist nicht aktuell gehalten. Außerdem sind diese Informationen nicht speziell für Spieleentwickler geschrieben worden. Sie beruhen auf wissenschaftlichen Forschungen und Erkenntnissen und werden auch so verfasst. |
Pirate Gaming: |
Wie kann dieses Thema denn entwicklerfreundlicher gestaltet werden? |
Sandra Uhling: |
Es fehlt ein Projekt, welches die bisher gesammelten Informationen so aufbereitet, dass Spieleentwickler das Thema Game Accessibility, ohne großen Aufwand, bei ihrer täglichen Arbeit berücksichtigen können. |
Pirate Gaming: |
Wie kam es dazu, dass du dich beim VDVC mit diesen Thematiken beschäftigst? |
Sandra Uhling: |
Ich hatte mich hobbymäßig für Machine Dance eingesetzt und dafür im Alleingang Infostände betrieben, weil die Firmen in diesem Bereich wenig gemacht haben. Die Entwicklungsqualität der Soft- und Hardware war mangelhaft, ihre Verfügbarkeit war miserabel. Man hatte nur die Möglichkeit über Import an diese Sachen zu kommen. Dabei habe ich das Thema Exergaming kennengelernt. Über den Serious Games-Bereich „Games for Health“, der in den USA sehr groß ist, bin ich zum Thema Game Accessibility gekommen. Bei der jährlichen „Games for Health“ Konferenz in Boston, gibt es einen Tag vor der Konferenz, der speziell dem Thema Game Accessibility gewidmet ist. In Deutschland scheine ich die einzige zu sein, die sich mit dem Thema barrierearme Mainstream-Computer- und Videospiele einsetzt. Deswegen war ich äußerst erfreut darüber, dass der VDVC sich dazu entschied das Thema zu unterstützen. |
Pirate Gaming: |
Das klingt doch sehr aufschlussreich. In zwei Wochen startet die gamescom, wir hörten du bist auch vor Ort. Wo können dich interessierte User finden um, falls noch Fragen offen liegen, sie dir direkt vor Ort zu stellen? |
Sandra Uhling: |
Es gab von verschiedenen Gruppen Interesse das Thema auf der gamescom und auf der GDC-Europe zu präsentieren. Leider ist es dabei zu Schwierigkeiten und Missverständnissen gekommen. Zusätzlich gab es einen akuten Mangel am nötigen Budget. Naja, auch ohne Stand kann man natürlich jederzeit Fragen an mich richten, dafür bin ich ja da 😉 Am Mittwoch werde ich wahrscheinlich nur unterwegs anzutreffen sein, am Donnerstag werde ich beim gamescom congress vorbeischauen. Ansonsten könnt ihr mich beim VDVC finden, der vermutlich beim eSport anzutreffen sein wird. Die Community Lounge wurde ja leider abgesagt. |
Pirate Gaming: |
Vielen Dank für das lehrreiche Interview. Wir hoffen, dass dein bemerkenswerter Einsatz Früchte trägt und du deine persönlichen Ziele in Game Accessibility zum Wohle aller Spieler auch erreichst. |
Sandra Uhling: |
Auch ich bedanke mich für das Interview. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass möglichst viele Spieler in der Lage sind, die Games zu spielen, die sie auch interessieren und nicht durch unnötige Barrieren daran gehindert werden. Vielleicht entdeckt ja auch der ein oder andere Leser dieses Interviews Audiogames für sich. (www.audiogames.net) Reinhören lohnt sich! |
Masseneinstellung bei TBH.ASUS
Nur wenige Wochen vor Beginn der neuen EPS Season überrascht das bayrische Team TBH.ASUS mit einer Masseinstellung! Ganze fünf Spieler sind vor gut einer halben Stunde in den ESL Account des Teams gejoint, darunter auch der bekannte EX-ESL-TV Praktikant Emre ‚eMre‘ Kistak und der EX n!faculty Spieler Vinh ’ninja‘ Bui Thanh.
Die letzte Saison spielte das Counter-Strike 1.6 Team aus Bayern grandios auf. Sie erreichten unter Führung von David ‚Chef-Koch‘ Nagel die Finals. Dort gingen sie jedoch gnadenlos unter und erreichten lediglich den vierten Platz. Kurz nach Ende der letzten Saison verließen dann die tragenden Spieler (unter anderem auch David ‚Chef-Koch‘ Nagel) das Team.
Offenbar verspricht sich TBH.ASUS mit den vielen Neueinstellungen ein gesundes Repertoir an Spielern. Welche Spieler im Endeffekt dann auch spielen werden ist die andere Frage!
Alle Neueinstellungen im Überblick:
Emre ‚eMre‘ Kistak
Thanh Vinh ’ninja‘ Bui Thanh
Tobias ‚Troubley‘ Tabbert
Filip ‚RSK68‘ Filipowski
Dominic ‚Roark‘ Cucic
Statements des Team-Managers und des Team-Captains
(Quelle: http://www.bavarian-heaven.de/tbh/news/view/136)
„“Statement von Thanh Vinh ’ninja‘ Bui (Team-Captain):
„Servus, ich freue mich sehr, mit meinem Team seit heute das Herzstück von TBH bilden zu dürfen. Nach wochenlangen sehr guten Gesprächen mit Hubert ist es somit ab heute offiziell und wir sehen der Zukunft alle positiv entgegen. Nachdem ich n!faculty verlassen habe, war es klar, dass die beste Wahl in Deutschland ein Team zu stellen nur bei TBH sein kann, wenn man berücksichtigt, dass die Topteams mousesports und Alternate feste Teams haben. Die Bedingungen hier sind extrem gut, mindestens auf gleichem Level wie bei n! und mit dieser Teamkonstellation haben wir ein Riesenpotential. Wir versprechen uns sehr viel von diesem Team und hoffen natürlich mit unserer Motivation, der Leidenschaft und harter Arbeit auch dementsprechend die treuen TBH Fans nicht zu enttäuschen und uns selber auch nicht zu enttäuschen. Jeder hat den Glauben an den Erfolg.
Wenn man sich das Team anschaut, besteht es aus vielen bekannten Gesichtern. pwl, der eine hervorragende letzte Saison für TBH gespielt hat – Troubley, ein sehr polarisierender Spieler mit viel Talent und Motivation. Er hat sehr viel Ehrgeiz und deswegen war er auch schon von Anfang an für mich gesetzt. Zusätzlich dazugestoßen sind noch meine alten Weggefährten von my*, ChRRRRp und RSK68, Spieler, auf die ich mich verlassen kann, den unbedingten Erfolg wollen und auch das nötige Können dafür mitbringen. Für alle ist es eine Ehre, für TBH nun die Server unsicher zu machen, und ich kann ehrlich behaupten, dass dieses Lineup mein Wunschlineup war und ist. Hinzu kommt Emre als unser Team-Manager, eine für Hubert und mich sehr wichtige Personalie, die man nicht unterschätzen darf. Er wird alles rund ums Team organisieren und ist ebenso Teil des Teams wie die Spieler. Alles in allem bilden wir eine gemeinsame Einheit und die Wahl auf ihn war relativ einfach, da Emre sehr viel Motivation mit sich bringt und ein guter Freund von vielen aus dem Team ist.
Ich bedanke mich für das uns geschenkte Vertrauen und freue mich auf eine erfolgreiche und schöne Saison!“
Statement von Emre ‚eMre‘ Kistak (Team-Manager)
Ich persönlich freue mich sehr, dass ich ein Teil dieses erfolgsversprechenden Teams rund um Vinh sein darf. Dazu haben wir ein tolles Zuhause bei TBH gefunden, welches uns sehr viele Möglichkeiten bietet und das nötige Vertrauen entgegen bringt. Unsere Ziele für diese Saison sind klar gesteckt und nun heißt es für uns alle gemeinsam darauf hin zu arbeiten. Die jahrelange Freundschaft, die dahinter steht ist auf jeden Fall ein sehr positiver Faktor für unser Vorhaben. Auf eine wunderschöne Season.
Schöne Grüße aus Köln!““
Quo vadis, gamescom 2010? (updated)
Das letztjährige Debut der gamescom in Köln war nicht nur aus Veranstalter-Sicht ein Erfolg. Die Messe kam zu einem idealen Zeitpunkt, um ein öffentliches Gegengewicht zur „Killerspiel-Debatte“ zu etablieren. Neben dem politischen Bildungsangebot des gamescom congress suchten auch die Jugendorganisationen der Parteien das direkte Gespräch mit den Gamern. Wird sich das in diesem Jahr ändern?
Die deutsche Gamer-Szene durchlebte 2009 ein turbulentes Jahr. Wie schon in Jahren zuvor wurden Vertreter politischer und gesellschaftlicher Organisationen nicht müde, das Thema „Killerspiele“ in den Medien zu halten. Dabei mussten Actionspiele als Sündenbock für Jugendgewalt und Amokläufe herhalten, selbst Rollenspiele wie World of Warcraft wurden plötzlich als Killerspiele bezeichnet. Die Stigmatisierung einer ganzen Jugendkultur gipfelte darin, dass in mehreren Städten die seit jeher friedlichen Sport-Events der Intel Friday Night Games abgesagt wurden. Dies geschah jedoch keineswegs freiwillig: Obwohl dieser Event bei Hallenbetreibern gerade wegen des geringen Security-Bedarfs gerne gesehen war, zwangen Politiker sie zum Vertragsbruch. Schlussendlich entschied sich Turtle Entertainment dazu, die Veranstaltungen nicht zu einem politischen Spielball werden zu lassen und sagte sie ab. Auf welch absurdem Fundament die Begründungen der Politiker standen, offenbarte sich hinter den Kulissen: Nach einem negativen Medienecho kam es zu systematischen Anrufen bei allen iFNG-Locations, um die dortigen Veranstaltungen ebenfalls zu kippen. In zwei Städten gelang das perfide Spiel, zeigte aber gleichzeitig auf, dass es weniger um Jugendschutz als vielmehr um persönliche Profilierung einzelner Politiker ging.
Bei einer Millionen Spieler starken Gemeinschaft war jedoch klar, dass dies nicht ohne Echo bleiben würde. Mit dem Independent Friday Night Game und den ersten Gamer-Demonstrationen der deutschen Geschichte regte sich Protest, den mit der Piratenpartei und den Grünen auch gleich zwei politische Organisationen mittrugen. Und mit dem VDVC erhielten Gamer in Deutschland zum ersten mal ein organisiertes, öffentliches Sprachrohr.
Die gamescom bekam so in ihrem Debüt-Jahr einen unerwartet politischen Anstrich. Der gamescom congress bot Politikern und Vertretern der Games-Branche erstmalig eine gemeinsame Diskussionsplattform. Hier ließen einige Entwickler auch gleich Luft ab: „What’s wrong with the Germans?“ – diese provokative Frage von Gerhard Florin, Manager bei Electronic Arts, beschäftigte die Medien noch eine ganze Weile. Doch auch auf der Messe selbst war Politik allgegenwärtig: Die Jungen Piraten sowie die Junge Union diskutierten Jugendschutz und Medienpolitik an eigenen Infoständen und viele Messebesucher ließen es sich nicht nehmen, ihre eigenen politischen Botschaften offen herumzutragen. „Ich wähle keine Spielekiller“ war wohl das häufigste T-Shirt-Motiv auf der ganzen Messe. Mit Hilfe der ESL hatten auch VDVC-interessierte Messebesucher eine Anlaufstelle, während der neue Verband mit Flyern kräftig um neue Mitglieder warb.
Und in diesem Jahr?
Trotz des für eine Entertainment-Messe großen Zuspruchs bezüglich der politischen Infostände wird es dieses Jahr keine geben. Der BIU schloss im Gegensatz zum letzten Jahr kategorisch eine Beteiligung politischer Parteien und Jugendorganisationen aus – diese passten nicht ins Messekonzept, so der Veranstalter. Doch nicht nur den politischen Jugendorganisationen wird die Teilnahme verwehrt, auch der VDVC hatte es schwer, überhaupt eine Präsenz auf der Messe zu bekommen. Wohin also will die gamescom? Hin zur reinen Konsum-Messe? Tatsächlich bieten Kultur-Festivals wie das Living Games Festival in Bochum oder die Next Level Conference in Köln interessantere Einblicke in die Spielerszene und überraschen mit einigen Acts sogar noch alteingesessene Gamer. Die Podiumsdiskussionen des Living Games Festivals über den kulturellen Wert von Spielen wären unterdessen für Kritiker ein wahrer Augenöffner. Doch schaffen jene Festivals es nicht, eine derart breite Öffentlichkeit wie eine gamescom zu erreichen. Bedient die gamescom etwa nur den „stumpfen Konsumenten“, um die Worte von LiGa-Chef Stephan Reichart zu verwenden? Die Erfahrung am letztjährigen Infostand der Jungen Piraten lässt das Gegenteil vermuten: Selten war ein politischer Infostand der Piraten so stark von diskussionsfreudigen Jugendlichen besucht.
Dass Computerspiele, Kultur, Politik und Gesellschaft eng miteinander verwoben sind, ist der gamescom jedoch nicht fremd: Der diesjährige gamescom congress am Messe-Donnerstag hat das Leitthema ‚Social Games‘ und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Der Eintritt ist kostenlos, es ist jedoch eine Anmeldung per Fax erforderlich. Ironischerweise bleibt der gamescom congress so relativ exklusiv und der wichtigste Bestandteil von Social Games – nämlich die Spieler selbst – bleiben bei diesem Angebot relativ außen vor. Hier bot die Leipziger Games Convention noch interessante Angebote für die flanierenden Messebesucher in Form von offen platzierten Diskussionspodien.
Es stellt sich also die Frage: Quo vadis, gamescom? Findet hier eine sinnvolle Abgrenzung zur damaligen Games Convention statt oder wird gerade auf ihre einstigen Stärken verzichtet? Im gerade mal zweiten Jahr der gamescom darf man wohl noch von einer Selbstfindungsphase sprechen und auch die Gamer-Community ist sich im direkten Vergleich beider Messen nicht einig. Eine Kuriosität bleibt am Ende jedoch übrig: Während Jugendpolitik und Gamer-Verbände offenbar schwer mit dem diesjährigen Konzept zu vereinbaren sind, steht ausgerechnet die Bundeswehr wieder auf der Ausstellerliste.
Update 1. August: Inzwischen hat der BIU (Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V.) die ursprüngliche Aussage der Koelnmesse relativiert. So ist nicht mehr von einem pauschalen konzeptionellen Ausschluss die Rede, vielmehr bestehe unter bestimmten Umständen auch für politische Jugendverbände die Option einer Teilnahme als Aussteller.
Ruth Lemmen, Referentin Medienkompetenz beim BIU dazu:
[blockquote]Die Koelnmesse hat entschieden, dass politische Parteien keine Aussteller der gamescom sein können, da die gamescom keine politische Veranstaltung ist. Politische Jugendorganisationen können aber generell Aussteller der gamescom sein, wenn sichergestellt ist, dass nicht die politische Willensbildung und Werbung für eine politische Partei im Vordergrund der Präsenz steht, sondern Jugendarbeit mit Bezug auf Computer- und Videospiele.[/blockquote]
Für das im Juni vorgestellte Messekonzept von Pirate Gaming gibt es damit dann auch noch einen Hoffnungsschimmer. Ob sich in der Kürze der Zeit nun aber ein Stand tatsächlich realisieren lässt, ist fraglich. Wir halten euch auf den Laufenden!