Bioshock Infinite Review

Als der Announcement-Trailer zu “Bioshock Infinite”, und der erste Trailer zu dem Spiel überhaupt, gezeigt wurde, bekamen es viele mit der Angst zu tun, dass es sich um ein klassisches “Rette deine Liebste”-Spiel handelt. Das erste Game-Play-Video nahm vielen zwar diese Angst, allerdings erinnerten einen die Handymen sehr an die Big Daddys und auch die Fähigkeiten sahen nicht nur wie die Plasmide aus den ersten beiden Teilen aus, sondern es waren auch genau die gleichen. Hat es sich Irrational-Games, die schon den ersten Bioshock-Teil erschaffen haben, wirklich so einfach gemacht und Rapture mit all seinen Gestalten einfach in die Luft gehoben oder steckt mehr hinter der Fassade von “Columbia”, der Stadt im Himmel?
“Bring us the girl and wipe away the debt”

Bioshock Infinite beginnt ähnlich wie schon Bioshock begann: Man wird von zwei Personen in einem Schiff zu einem Steg gebracht, nebenan ein großer Leuchtturm, der einem ein erstes Spielgefühl vermittelt. Alles stimmungsvoll mit Unwetter, Regen und passender Beleuchtung. Und dann geht es los: Booker Dewitt, so der Name des Protagonisten, nimmt auf einem roten Stuhl an der Spitze des Leuchtturms platz und wird in den Himmel katapultiert. Vor dem Auge des Spielers eröffnet sich die wahrhaft göttliche Welt von Columbia, die Stadt im Himmel. Und göttlich geht es auch weiter: Wie Rapture seinen Schöpfer und Utopisten Andrew Ryan braucht, so braucht Columbia seinen Propheten Zachary Comstock, der über Columbia und seine Bewohner wie ein Vater wacht. Es geht schnell voran. “Finde das Mädchen und tilge deine Schuld” lautet Bookers Auftrag. Der Spieler findet sich auf einem Jahrmarkt wieder, an dessen Ständen dem Spieler die Handhabung mit den Vigors (die Fähigkeiten) und der Waffe gezeigt wird. Es gibt viel zu sehen und viele Details machen auch hier die Welt unglaublich lebendig. Wenig später steht man vor einer Bühne und soll ein junges Paar, eine Schwarze und einen Iren, mit einem Baseball abwerfen. Booker holt aus und… wird gepackt. Denn er ist der falsche Hirte! Moment, was? Prophet, Jahrmarkt, Schwarze, Iren, Falscher Hirte? Stop! Bioshock Infinite verwirrt den Spieler wieder mindestens genauso viel, wie die Begebenheiten in Rapture es schon in den ersten beiden Teilen machten. Und es ist schwer darüber zu sprechen, ohne wenigstens einen kleinen Spoiler einzubauen. Daher an dieser Stelle die Warnung: Ab sofort wird es kleine Spoiler aus den ersten ca. 1,5 Stunden des Spiels geben.

“Mit einem Flüstern hör’n dir alle zu…”

Es wird schnell klar, dass Bioshock Infinite mit Glauben, Rassismus und Vorurteilen spielt. Booker Dewitt hat ein Brandzeichen auf dem rechten Handrücken, welches ihn als den falschen Hirten ausweist, welcher das Lamm, die Tochter des Propheten auf falsche Wege führen wird. Das finden die Bürger Columbias natürlich nicht so toll und sind ab sofort seine Feinde. Die Tochter des Prohpeten, Elizabeth Comstock ist das Mädchen, welches der Spieler finden und aus Columbia wegbringen soll. Und dafür sind alle Mittel Recht: Schrotflinte, Karabiner, Revolver und natürlich die Vigors! Der Gameplay-Trailer aus 2010 zeigte uns noch die gleichen Fähigkeiten wie schon die Plasmide versprachen, aber man hat sich nochmal ins Zeug gelegt und wirklich eine feine Kampf-Methode entwickelt: Vigors können jetzt direkt gegen den Gegner oder als Falle eingesetzt werden und weiter auch miteinander kombiniert werden, um zum Beispiel mehr Gegner zu treffen oder mehr Schaden zu machen. Die finalen Vigors erinnern kaum noch an die Plasmide aus Rapture und eröffnen einem spannende Möglichkeiten für den Kampf. Man findet später (jedoch zu Anfang des Spiels)  also das Mädchen, jahrelang in einen Turm gesperrt, packt es sich und nimmt es hinaus in die Welt, um es aus dieser Stadt wegzubringen.

Die Kämpfe

Die Kämpfe nehmen in dem Spiel einen großen Platz ein, teilweise zu groß. Man kämpft gegen Geschütze am Boden und in der Luft, gegen etliche Polizisten und aufgebrachte Bürger, später auch gegen Raketen abfeuernde Zeppeline und Handymen, die mit Feuer und Elektrizität auf den Spieler warten. Irgendwann konnte ich kann man von weitem erkennen, wann es wieder einen großen und nervigen Kampf geben wird. Die Gegner bleiben im Prinzip immer gleich, lediglich der Schwierigkeitsgrad des Kampfes und die Location ändern sich. Die Kombinations- und Ausbaufähigkeiten der Vigors reißen es allerdings wieder herum, denn mit diesen um sich werfen macht wirklich Spaß. Man sollte allerdings mit Bedacht wählen, denn die Salze die man zum Benutzen der Fähigkeiten braucht, sind im Vergleich eher knapp. Das Ausbauen und Aufrüsten der Fähigkeiten lohnt sich auf jeden Fall! Die Waffen in Infinite sehen schick aus, sind allerdings Standard und Booker kann nur zwei von ihnen tragen. Man kann es nicht leugnen, Bioshock Infinite ist ein Shooter. Doch genau in diesem Punkt schwächelt Infinite. Ein absoluter Pluspunkt: Elizabeth kann bei Kämpfen nicht nur auf sich selber aufpassen sondern versorgt den Spieler von Zeit zu Zeit sogar mit Munition und Gesundheit!

Die Charaktere:

Ich liebe Elizabeth! Und ich glaube, es wird vielen anderen auch so gehen. Die Entwickler haben es geschafft, eine wunderbar weibliche und gleichzeitig starke Frau zu erschaffen, die der Spieler einfach lieben muss! Sie ist der Spross, die Tochter des Propheten Comstock und kommt nach 19 Jahren das erste mal aus ihrem Turm heraus. Sie entdeckt die Welt und es macht unendlich viel Spaß ihr dabei zuzusehen. Aber auch so lohnt es sich, auf sie zu achten. Oftmals zeigt sie einem versteckte Gegenstände oder Ecken, in der es viel zu holen gibt. Sie ist Protagonist und Sidekick in einer Person!

Booker hingegen ist das klassische Arschloch: Er interessiert sich kaum für Elizabeths Wünsche oder Gefühle, tötet erbarmungslos und will sie einfach nur nach New York schaffen, um seine Schulden los zu werden. Die Beziehung zwischen Elizabeth und Booker ändert sich im Spielverlauf merhmals, was ich wirklich schön finde. Sie verhalten sich wie echte Menschen (ja, auch Booker wird im Verlauf des Spiels noch menschlicher und erzählt von sich). Comstock ist und bleibt der Antagonist des Spiels und irgendwann wollte auch ich als Spieler diesen Kerl mit seinen kranken und extremistischen Einstellungen, die er an die Leute weitergibt, tot sehen. Bioshock schafft es, nicht nur die Charaktere im Spiel zu motivieren, etwas zu tun sondern auch den Spieler. Das fesselt enorm. Und dann sind da noch die Lutece-Zwillinge, zwei sehr seltsame und verwirrende Personen, die in den schrägsten Momenten auftauchen und eigentlich nur eine Aufgabe haben: Den Spieler so viel wie es geht zu verwirren. Allerdings sind die beiden maßgebend für die Aufklärung der Spielgeschehnisse, deswegen empfehle ich: Das Theater der beiden genießen und zuhören! Daisy Fitzroy wird der Spieler auch noch kennen lernen. Sie ist die Anführerin der Vox Populi, die Stimme des Volkes, die gegen Comstock und seinen Rassismus ankämpfen. Sie hat wie Booker nur ein Ziel: Sie will den Propheten tot sehen. „The seed of the prophet shall sit the throne and drown in flame the mountains of man.“ Es ist schwer Bioshock Infinite in Worte zu fassen. Wirklich. Es geht um verschiedene Wahrheiten, um Risse in andere Welten die geöffnet und nicht mehr geschlossen werden können, um falsche Weltanschauung, Lincoln und Washington nehmen ihren Platz in der Geschichte ein und auch Physik und Naturwissenschaften, die alles “plausibel” erklären dürfen nicht fehlen. Es wundert mich nicht, dass es auf Youtube zig Videos gibt, die nur versuchen die Ereignisse und die Geschichte irgendwie zusammenzufassen und zu erklären. Ich empfehle sich in diesem Spiel wirklich Zeit zu lassen und sich alles genau anzuhören und anzuschauen. Die Tonbandgeräte, Voxophone genannt, erzählen einem wieder große Teile der Geschichte doch der Spieler muss sich auch selber viel zusammenreimen und ich verspreche nicht zu viel wenn ich sage: Das Ende haut einen vom Stuhl und stellt alles in Frage, was je passiert ist.

Fazit:

Wir mussten wirklich lange auf das Spiel warten. Seit dem ersten Trailer 2010 sind 3 Jahre vergangen bis wir das Spiel endlich in den Händen halten durften! Ich finde, das Warten hat sich mehr als gelohnt. Serviert wird uns eine dermaßen geniale und tiefgründige Story mit zwei so starken Charaktern, die sich in einer wiedermal fantastischen Welt bewegen. Bioshock hat es wieder einmal geschafft, so vieles in Frage zu stellen und mich als Spieler emotional und spielerisch zu packen. Ich habe an wenigen Stellen des Spiels wirklich das Gefühl von übertriebener Fiktion. Für mich könnte all das, was mir Columbia gezeigt hat, echt sein. An der Grafik ist nichts auszusetzen, allerdings im Gameplay gibt es ein paar Abzüge, da einige Kämpfe wirklich Nerven kosten und sich ewig ziehen. Das Finale des Spiels haut einen zwar Storymäßig um, wird aber wieder in einem dermaßen langen und sinnlosem Kampf erzählt, dass die volle Punktzahl einfach nicht möglich ist. Bioshock Infinite hat 9 von 10 Punkten absolut verdient und ist eine absolute Empfehlung für jeden, der für Neues offen ist. Denn letztlich hat die Welt von Bioshock Infinite trotz eines kleinen Besuches in Rapture nicht mehr viel von der Utopie unter Wasser.