Macht Internet dumm? Dieser Frage ging Günther Jauch in seiner Sendung gestern Abend nach. Grund für dieses Thema ist das Buch „Digitale Demenz“ von Manfred Spitzer. Der Psychiater aus Ulm stellt darin wilde und krude Thesen auf. Nicht nur deshalb wird er auch als Internet-Sarrazin bezeichnet.
Unterstützt wurde er von Petra Gerster. Die Moderatorin sprach sich aber recht differenziert für Anleitung und Kontrolle durch die Eltern aus und war für Spitzer nur mäßige Hilfe.
Den Gegenpol bildetete Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, der entspannt und gebetsmühlenartig die Vorzüge des Internets erklärte und sogar sein iPad herausholte um Fans seiner Facebookseite zu Wort kommen zu lassen.
Ein Team bildete Yogeshwar mit Klaus Peter Jantke. Der Kindermedienforscher lässt auch gerne sein 5-jährigen Sohn an das iPad und berichtete begeistert, wie interessiert der Junge auch gerne Filme in englischer Originalfassung schaue. In der Zwischenzeit fiel das Gesicht von Spitzer entsetzt zusammen, getreu dem Motto „Wie kann er das seinem Kind antun?!“.
Die Diskussion plätscherte recht wild vor sich hin. Grund dafür war nicht zuletzt, dass man sich nicht einig war, was Online-Sucht sein soll. So sagt die Bundesregierung, dass es 250.000 Süchtige gibt, aber auch, dass man schon ab 4 Stunden online sein am Tag als süchtig gelte.
Auch zeigte Spitzer recht oft, dass er als Diskussionsteilnehmer völlig ahnungslos daher plapperte. Dies gipfelte schließlich in den Satz „Taschenrechner machen dumm!“. Der erste Moment, an dem geneigt war abzuschalten.
Der Tag ist je bekanntlich gut strukturiert, wenn man klare Feindbilder hat. In einer solchen Sendung dürfen 2 Feindbilder deshalb selbstverständlich nicht fehlen: Google und Facebook. Klar. Was auch sonst? Viel mehr Internetseiten kennt Spitzer vermutlich auch gar nicht.
Er findet googeln macht dumm. Nachschlagen in Büchern sei effizienter und besser. Jauch nannte zwischenzeitlich die Zahl von über 9 Millionen Treffer, wenn man das Wort „Finanzkrise“ in die Suchmaschine tippt. Unser Schnelltest in einem aktuellen Duden ergab ganze 0 Treffer. Da kann Google natürlich kaum mithalten…
Ein Eispieler zeigte dann noch eine Grundschule in Berlin, die intensiv auf Mediennutzung setzt. Der Schulleiter war auch im Studio und erklärte geduldig, dass die Schule die Aufgabe hätte, die Kinder auf die Zukunft und nicht auf die Vergangenheit vorzubereiten. Für diese Erklärungen brauchte er nur etwas länger, weil Spitzer seine Kinderschule oft vergaß und mehrfach den Pädagogen unterbrach.
Zu Wort kam auch Christoph Hirte. Dieser saß im Publikum und durfte seine Webseite (welch Ironie!) www.rollenspielsucht.de promoten. Er ist da schließlich Experte, weil sein Sohn WoW-süchtig war. Immerhin: WoW war in dieser unterirdischen Sendung kein „Killerspiel“.
Überhaupt wurden alle in der Sendung dadurch Experten, dass sie Kinder hatten und sich auf diese. beziehungsweise, deren Nutzungsverhalten beriefen. Mit jungen Menschen selbst wurde aber leider nicht gesprochen.
Nur einmal kam jemand unter 50 zu Wort: Spitzers Sohn. Dieser berichtete, dass, durch das Wegsperren des Fernsehers, seine Noten verbessert wurden. Später wurde schließlich auch seine XBox weggeschlossen und sein Notenschnitt verbesserte sich abermals. Wie er an der XBox ohne Fernseher spielte, wird leider nicht erläutert. Schade.
Die Diskussion fasste dann schließlich Gerster mit einem Zitat von Marcel Reich-Ranicki am besten zusammen: „Das Fernsehen (hier Internet), macht die Klugen klüger und die Dummen dümmer.“