Nachlese der Serious Games Conference 2010

Im Rahmen der CeBIT in Hannover fand am 5. März 2010 zum vierten Mal die „Serious Game Conference“ statt.

Diese eintägige Veranstaltung, organisiert vom Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), hessen-it und Nordmedia richtete sich dabei vorranging an Entwickler und Studenten.Gut 350 Teilnehmer fanden sich ab 9:30 Uhr im NordLB-Forum (Halle 17) in angenehm lockerer Atmosphäre ein. An die Konferenz schloss sich zudem die Vergabe des Serious Games Awards 2010 an.

Serious Games traten erst in den letzten zwei bis drei Jahren ins Rampenlicht, vor allem Spiele wie „Wii Fit“ machen diesen Wachstumsmarkt zurzeit allgemein bekannt. Obwohl dieses in der Vergangenheit oft belächelte Feld der Spieleentwicklung schon seit Mitte der neunziger Jahre existiert, haben sich auch die Veteranen noch nicht auf eine einheitliche Definition einigen können. Am griffigsten erschien den Teilnehmern auf der Veranstaltung der Ansatz, solche Spiele als „Serious Games“ zu bezeichnen, die als expliziten Zweck „mehr als reinen Zeitvertreib“ haben. Dazu gehören also Trainingsanwendungen und Simulationen ebenso wie Lernspiele und gesundheitsorientierte Programme. Serious Games traten erst in den letzten zwei bis drei Jahren ins Rampenlicht,vor allem
Spiele wie „Wii Fit“

Besonderes Aufsehen erregten im Rahmen der neun Einzelvorträge zwei noch in Entwicklung befindliche Serious Games von Blitz Game Studios aus Großbritannien: Die Anwendung „Patient Rescue“ simuliert Patienten mit Symptomen, die gemeinhin in Krankenhäusern nicht oder zu selten bedrohlichen gesundheitlichen Entwicklungen zugeordnet werden. Dabei erhalten Ärzte neben dem kompletten Diagnoserepertoire auch die Möglichkeit, durch Maßnahmen wie Sauerstoffzufuhr den Patienten zu stabilisieren. Die zweite Anwendung „Triage Trainer“ bezweckt die Schulung von Helfern in Katastrophenfällen zur Schnelldiagnose von Opfern. Beide Anwendungen bieten nach dem Simulationslauf Feedback über korrekte Aktionen, Fehler und vorschläge zur Verbesserung.

Im Rahmen der Paneldiskussion wurde später sehr eindringlich darauf hingewiesen, dass staatliche Förderungen durch den Bund oder die Länder momentan quasi inexistent sind – obwohl der Nutzen auch einfacher Spiele mithin enorm sein kann. In diesem Punkt sind die Förderprogramme beispielsweise in den USA, Frankreich und auch Südkorea um viele Jahre voraus. Ein Teilnehmer der Podiumsdiskussion, der für eine große deutsche Krankenkasse innovative Wege zu Prävention und Nachsorge erforscht, erwähnte in diesem Zusammenhang Spiele, die Kenntnisse zu Diabetes bei davon betroffenen Kindern vermittelt. Auch mit einem niedrigen Budget könnten laut ihm hier Einsparungen von vielen Millionen im Gesundheitssystem möglich werden.

Aus dem Reha-Bereich zeigte die Universität Zürich die eindrucksvolle Lösung „Gabarello“ zur Patientenmotivation. In Verbindung mit einem Therapieroboter (Hocoma Locomat) wird in diesem Projekt die vom Patienten aufgebrachte Beinkraft genutzt, um den Weg einer Cartoonfigur im Spiel zu bestimmen und entsprechend Punkte zu sammeln.

Weitere bemerkenswerte vorgestellte Projekte im Rahmen der Veranstaltung umfassten u.a. „Winterfest“ (Project Alphabit; Spiel zur Stärkung der Alltagskompetenz bei Legasthenikern), die „Global Conflict“ Reihe (Serious Games Interactive; Vermittlung politischer Zusammenhänge in Schulen) und „What should we tell the children?“ (Playgen; Training von Eltern zum richtigen Umgang mit sexueller Aufklärung).

Insgesamt zeigten sich die rund Teilnehmer sehr erfreut über den Verlauf der Konferenz und die vielfältigen Networkingmöglichkeiten. Vor allem die renommierten internationalen Referenten gaben dabei auch gute Einblicke in die Entstehungsgeschichte und besonderen Herausforderungen dieses Geschäftsfeldes.

Für alle, die nicht die Zeit zum Besuch hatten, werden in den nächsten Wochen laut Nordmedia die Vorträge als Videos in die Online-Mediathek eingestellt.

Thomas Heinen, Hannover für pirate-gaming.de